Veröffentlichung Vissarions vom 26. August 2016 auf vissarion.org

Globale Besorgnisse einer kleinherzigen Persönlichkeit (Makrokosmos und Mikromensch)

Arkady Babchenko:

Ich kämpfe nicht mehr, weil es niemanden zu bekämpfen gibt. Keine Feinde mehr. Es war möglich, mit Besetzern zu kämpfen, die die Macht ergriffen. Es war möglich, mit Dieben zu kämpfen. Es war möglich, mit Mördern zu kämpfen. Aber kann man mit dem Land kämpfen, wenn es selbst den Weg in den Abgrund gewählt hat? Man kann nicht mit hundert Millionen Menschen kämpfen, wenn sie sich in einem einmaligen Ausbruch von Wut mit einem Topf zudecken wollen ...

Vissarion:

Hinter dem Fenster meines Hauses, während der Wind mit den weichen Blättern und Zweigen der Weiden spielt, entwickelt sich, auf den ersten Blick unsichtbar, aber weiterhin unaufhaltsam erfolgreich, eine Krise gewaltigen Umfangs in der menschlichen Gesellschaft.

Das Zeitalter der globalen Erschütterungen, die ohne weiteres diejenigen hervorrufen können, deren Berufung es ist, durch ihre Unternehmungen immer einen Aufschwung zu bringen.

Ich werde eure Aufmerksamkeit nicht in die Tiefen dieses ganzen grandiosen Blödsinns lenken, sondern berühre eine psychologische Eigenart, die mit vollem Recht als, sagen wir, das Syndrom der Bedeutsamkeit bezeichnet werden kann. Eine charakteristische Erscheinungsform des Syndroms der Bedeutsamkeit kann man wie folgt ausdrücken: „Machen kann ich es nicht, aber wenn ich mich um eine Sache sehr bemühe, kann ich professionell und sehr emotional kritisieren“.

In der menschlichen Gesellschaft kann man, sogar sehr oft, um nicht zu sagen überall, diejenigen antreffen, die bereit sind, entweder allgemeine Prozesse zu kritisieren, die in dieser oder jener Gruppierung Gleichgesinnter ablaufen, oder konkrete Schritte, die Teil dieser Gruppierung sind, sei es eine Hausgemeinschaft oder eine Sport-Mannschaft, seien es Vertreter einer gesellschaftlichen Bewegung oder irgendeiner Lehre, sei es die Gruppierung, die die Macht dieses oder jenes Landes repräsentiert.

Dabei besteht die hauptsächliche und unterscheidende Besonderheit dieser „Experten“ in ihrer distanzierten Position bezüglich des Gegenstandes der Kritik.

Das heißt, sie sind kein aktiver Teil der zu kritisierenden Gruppierung, meinen aber überaus selbstsicher, sich in den fehlerhaften Handlungen dieser Gruppen auszukennen. Man kann sie symbolisch als abseits des Geschehens stehende Personen bezeichnen, die sich in der Regel scheuen, sich aktiv an irgendwelchen von einem Kollektiv entwickelten Prozessen zu beteiligen, die aber bereit sind, viele Ratschläge für eine richtige Vorgehensweise in diesem Prozess zu geben. Und je bedeutsamer die Ereignisse sind, auf die sich die erhöhte Aufmerksamkeit der ganzen Gesellschaft richtet, desto mehr kann man das Auftreten aller möglichen populären „Experten“ beobachten, die gern die Zuschauerloge in Anspruch nehmen und beginnen, das Geschehen aktiv zu kritisieren.

Welches Charakterbild wird unvermeidlich, möglicherweise auch unbewusst, so ein toller Volkskritiker von sich erschaffen?

Das ergibt das Bild, als sei der Findige in der Lage, bedeutend weiter zu sehen als die Massen, auf die er gleichsam mit Besorgnis und rechthaberischer Entrüstung blickt.

Ein Erkennungsmerkmal echter Weisheit ist doch vor allem die völlige Abwesenheit von Kritik und Verurteilung! Denn die Weisheit ist doch vor allem Verständnis!

Wenn du das Wesen des real Existierenden verstehst, dann schimpfst du nicht auf die Sonne, weil sie brennt, auf den Regen, weil du nass wirst, auf den Stummen wegen seines Schweigens, und auf den Redseligen wegen seiner Redseligkeit.

Viele Ereignisse in der menschlichen Gesellschaft sind ebenfalls Realitäten, die einfach nicht anders sein können, da sie vollständig von den Gegebenheiten der Menschen abhängen, so wie sie sich gerade zu diesem Zeitpunkt darstellt.

Der Mensch, der seine Realität als getrennt und andersartig von der Realität der Umgebenden betrachtet, der ist im Moment noch unwissend, denn ausnahmslos alles ist eng miteinander verbunden, nicht nur im Leben der Menschen selbst, sondern auch in der gesamten Schöpfung der Welt der Existenz. Die Negativität der Geschehnisse im Leben der menschlichen Gesellschaft kann man im Prinzip nachweisen, aber dann achtet auf den prinzipiellen Unterschied zwischen Einschätzung und Verurteilung.

Einschätzung beinhaltet niemals die Bestimmung einer Schuld, was wiederum unweigerlich die Versuchung erzeugt zu erniedrigen und zu bestrafen. Die Verurteilung jedoch geht immer einher mit der Bestimmung eines Schuldigen.

Den Charakter eines negativen Geschehens einzuschätzen, und danach eine seiner Meinung nach hilfreiche und praktische Lösung des Problems vorzuschlagen, das ist die einzig zulässige und sinnvolle Herangehensweise. Wenn dein Rat nicht so angenommen wird, wie du es gern möchtest - das ist ein Fakt, den du nicht ändern kannst. Kritisieren und verurteilen das, was anders im Moment noch nicht sein kann, das ist ein Zeichen von Unwissenheit.

Wenn du subjektiv negative und zerstörerische Vorgänge in deinem Lebensbereich bemerkst, die du nicht zu ändern vermagst, du aber von ganzem Herzen die Entstehung von etwas anderem wünschst, so wäre es weise, mit all deinen Möglichkeiten zu beginnen, dieses Richtige so zu verwirklichen, wie du es selbst siehst! Mag es auch noch so winzig sein.

Der Bau eines jeden Tempels beginnt mit der Grundsteinlegung des ersten Steines!

Das Unglück der Gesellschaft besteht nicht darin, dass man dort Kritik nicht hören will, sondern darin, dass es unnormal viele gibt, die gern kritisieren! Und dabei sind sie nicht imstande, mit ihren Händen etwas wirklich für die Entwicklung des Lebens Nützliches zu schaffen! Weisheit und Besserwisserei - die beiden unterscheiden sich sehr voneinander!