Hinter dem Fenster Frost. Auf der Fensterscheibe entsteht vereinzelt mit filigranen Strichen etwas Raffiniertes und Anmutiges: als ob der Frost aufmuntern möchte, oder einfach erfreuen möchte. Und die Oberfläche des Holzes glänzt beim Auftreffen der Sonnenstrahlen so, als sei sie übersäht mit diamantenen Perlen.
Schon bald kehrt die Folge der Festtage wieder, mit ihren geheimnisvollen und märchenhaften Abenden, mit dem Leuchten flackernder Kerzen und dem Funkeln des Weihnachtsschmuckes... und doch, irgendwie unerwartet, war ich ein wenig in eine lyrische Stimmung eingehüllt.
Und dann, während ich so in der Umarmung dieser Stimmung verweilte und die Nachrichtenseiten in den Weiten des allgegenwärtigen Internets anschaute, stieß ich wieder einmal auf einen eigentümlichen Gefühlsausbruch eines Leidenden darüber, wie Russland, wo er das Leben bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verbrachte, sich angeblich in "...das Böse in seiner reinsten Form" verwandelt habe.
Offenbar war Juri Nesterenko, Autor des umfangreichen Artikels "Exodus", aus dem sinngemäß die obigen Zitate entnommen wurden, sehr müde von der unerträglichen Last der eigenen klaren Schlussfolgerung, was ihn veranlasste, in das lichte Land des wunderbaren Amerika überzusiedeln.
Wie normiert doch der Mensch denkt, der es noch nicht geschafft hat, seine ursprünglichen egoistischen Eigenschaften umzugestalten in das von Gott für den Beginn eines normalen sinnvollen Lebens Vorbestimmte. In meiner Praxis von nun schon mehr als einem Jahrzehnt ist mir dererlei Normverhalten ständig begegnet.
Es gefällt allen, wortreich ihre Sorge zu äußern um das Wohl aller: zum Wohl der Menschheit, des Landes, der Gleichgesinnten, und sogar der Erde! Angenehm sich zu unterhalten auf solche phantasierende Weise mit brennenden Herzen, angeblich besorgt um das Wohl aller. Aber genau das ist das kennzeichnende Merkmal ausschließlich einer schwachen Persönlichkeit! Und in der Gesellschaft baut sich doch auf dieser Grundlage jedes gewählte System auf, wo der Bedeutsamste unter denen gewählt wird, die sehr gerne führen möchten, aus welchem Grunde auch immer.
Quo Vadis, Mensch! ("Wohin gehst du, Mensch!" oder auch "Wohin soll das noch führen, Mensch!", auch Ausspruch des Simon Petrus in Joh. 13, 36. Anm. des Übersetzers.)
Die Menschen sind mit der besonderen Eigenschaft der Einmaligkeit der Wahrnehmung der umgebenden Realität ausgestattet, und damit auch des Verständnisses (der Realität). Deshalb, wenn ihr eure Selbstdarstellung durch das Ausdrücken dieser Art von Sorge fälschlicherweise betont, dann werdet ihr, nach den Gesetzen des Ausdrucks des Egoismus, unweigerlich Andersdenkende als mögliche Schädlinge bezeichnen!
Eine kennzeichnende Besonderheit einer geistig schwachen Person ist die Tendenz, unzweideutig seine eigene Schlussfolgerungen zu idealisieren. Und wenn sie ihre eigenen Ideen über das Wohl aller stellt, dann wird sie andere Ideen unbedingt als schädlich wahrnehmen und diese Ideen als Feinde bezeichnen. Eine vernünftige und gesunde Beurteilung anderer Ideen wird unter solchen Bedingungen in der Regel nicht stattfinden.
Kann man das nicht täglich beobachten unter den in ihrer Art populären Egoisten, getrennt untereinander in weltanschauliche Gruppierungen, lautstark diskutierend über das wohl ihrer Länder?
Wie eigenartig das einem zunächst vorkommen mag, aber die aktiv und lautstark ausgedrückte Beunruhigung um das Wohl aller beruht gerade auf geistiger Schwäche. Diese Schwäche ist auch der Hauptgrund für das Erschaffen einer starken Versuchung, alle Andersdenkenden und im allgemeinen sogar Unbekannten, zu kritisieren, um damit irgendwie die eigene Bedeutsamkeit mindestens irgendwie zu bezeichnen und zu betonen!
Es ist eine große Versuchung Unrat in den Augen der Mitmenschen zu suchen, während sich in den eigenen Augen schon große Mengen an Bauholz aller Art angehäuft haben. Die starke Versuchung, diejenigen zu retten, die ein anderes ideologisches Verständnis haben, und dabei selbst nicht in der Lage sind, ihnen dazu ein halbwegs vernünftiges Argument zu liefern; die Versuchung all jene zu warnen, die an der Spitze der Staatsmacht stehen, und dabei selbst nicht in der Lage sind, eine normale Ordnung im eigenen Hofe zu schaffen; die Versuchung, den Spezialisten Hinweise und Belehrungen zu geben, und dabei selbst wenig zu verstehen; sogar die Versuchung, nationale Eigenarten der Vertreter anderer Völker zu kritisieren.
Welche ausgesprochene Dummheit sich doch auf der Grundlage der Versuche des Egoismus der schwachen menschlichen Persönlichkeit zu zeigen vermag, seine individuelle Bedeutung während der ganzen historische Periode der Lebenstätigkeit der Menschheit zu behaupten! Wie schön auch immer die Parolen aussahen, mit großen und erhabenen Aufrufen, ihr solltet stets daran denken, dass das Göttliche ausschließlich in Bescheidenheit und Demut zu erkennen ist und sich äußert!
Das Göttliche kommt nicht dann zutage, wenn ihr eure angeblich richtigen Schlußfolgerungen auf allerlei Weise aufzuzwingen versucht, indem ihr sie mit aus eurer Sicht überzeugenden Argumenten ausstattet, sondern wenn die Nächsten selbst und ausschließlich aufgrund ihres eigenen Willens euch darum bitten werden, dass ihr das für euch Richtige ihnen mitteilt! Mit anderen Worten, der Mensch, der die Demut würdig erkennt, wird niemals danach streben, die Nächsten zu kritisieren und zu belehren, solange sie ihn nicht selbst um einen Rat bitten werden!
Die Qualität jedes Staates und überhaupt die des Landes, entspricht völlig der Qualität derjenigen, welche ihn bilden. Für euch ist euer Land nicht irgendein anderer, der auch dort lebt! Euer Land seid vor allem ihr selbst!
Wenn ihr dazu neigt, dem Land, wo ihr lebt, eine negative Einschätzung zu geben, dann beeilt euch zuerst selbst, euch dieselbe Einschätzung anzutragen. Wenn ihr wollt, dass euer Land wirklich interessanter wird, dann beginnt selbst interessant zu leben, nicht aber so, dass zu euch der Spruch über einen schlechten Tänzer, dem zum Tanzen seine Hose stört, passen würde. (Auf deutsch: Wenn der Schreiber nichts taugt, ist die Feder daran schuld. Anm. des Übersetzers.)
Dumme Fehler vieler anderer nicht zu wiederholen, dazu habt ihr immer eine Möglichkeit!
So wisset, dass wenn ihr diese oder eine andere Richtung wählt, ihr unvermeidlich auch mit den diesen Richtungen eigenen kennzeichnenden Besonderheiten (welche einander durchaus widersprechen können) einverstanden sein müsst. Zum Beispiel, indem ihr die wichtigste Priorität im Leben wählt zwischen dem Ansammeln von für die bestehende Gesellschaft typischen materiellen Werten und dem Ansammeln von wahren geistigen Werten, werdet ihr eindeutig gezwungen sein, eine aus diesen gegenüberliegenden Richtungen zu wählen, und folglich wird es völlig unangebracht sein, gleiche Erfolge in beiden Richtungen zu erwarten!
Gleichzeitig sollte man nicht die Erfahrung aus der Vergangenheit vergessen, dass unabhängig davon, wie groß der Umfang der materiellen Werte war oder der des Brotvorrates, den der Mensch hatte, dies in keiner Weise das geistige Wohl garantierte und es auch gar nicht garantieren kann - eher sogar anders herum. Die Umgebung verändern kann man nur durch ein praktisches Beispiel der Veränderung seiner selbst, nicht aber durch leere, wenn auch erhabene, Worte über irgendein allgemeines Wohl!
Zum Schluß möchte ich ein humorvolles Bild erwähnen, wo jemand von der Tribüne die Menschen, welche in der Menge vor ihm stehen, fragt: ”Wollt ihr Veränderungen?”, worauf die Menge ihre Zustimmung mit hoch erhobenen Händen bezeichnete, und als dieser Mensch fragte: “Wollt ihr euch ändern?” sich schon keine einzige Hand mehr erhob.
Ihr Eingebildeten, die ihr die Gerechtigkeit eurer Besorgnis und die Erhabenheit der eigenen Beunruhigungen hoch schätzt, rettet wenigstens euch selbst und lasst die anderen diese edle Arbeit selbständig machen! Wenn ihr euch persönlich in die bessere Richtung ändert, so habt ihr allein dadurch die einzige Möglichkeit, die umgebende Welt besser zu machen!
Das Los der starken Persönlichkeit ist den umgebenden Raum seines Verweilens zu veredeln, ohne etwas zu beweisen! Das Los der schwachen Persönlichkeit ist laut und wortreich zu kritisieren und Unzufriedenheit auszudrücken, indem sie zu beweisen versucht, dass sie im Recht ist.