Ankunft in Israel ~ Tragische Begegnung mit evangelischen Christen
1. Israel begrüßte die Reisenden mit sonnigem, warmen Wetter - und Schwierigkeiten beim Zoll.
2. Für die Überprüfung der Visa, Dokumente und Einladungen hatte man von allen Ankömmlingen aus Russland gerade Vissarion und Seine Begleiter ausgewählt.
3. Wahrscheinlich ließ das ungewöhnliche Äußere der Ankömmlinge die Zollbeamten aufmerksam werden, vielleicht auch die Aufnahmen mit der Videokamera, die Wladimir noch bei der Gangway des Flugzeugs begonnen hatte. Übrigens ist das für den Teufel unwichtig, wichtig sind nur die Handlungen und die damit verbundenen Emotionen.
4. Und was geschehen sollte, das geschah ...
5. Der Lehrer wartete mit den Schülern Wladimir, Vadim und Maria geduldig den unvernünftigen Ansturm der nichts verstehen wollenden Zollbeamten ab und nach eineinhalb Stunden bekamen sie mit Hilfe des sie empfangenden Besam verkürzte zweiwöchige Visa und verließen das Gelände des Flughafens in Tel Aviv.
6. Der Weg ging nach Malot und nach drei Stunden waren sie in dieser kleinen Stadt im Norden Israels. Das war Galiläa.
7. Sie wohnten bei Roman und Lydia, einer gastfreundlichen russischen Familie. Die Wohnung stellte sich allerdings als Bethaus von evangelischen Christen heraus.
8. Beim Tee sprach man vom schweren Leben der russischen Juden in Israel, die hier nicht für Juden gehalten werden, sondern für Russen und darüber, dass das Land vom erbarmungslosen Schekel regiert wird und alle seine Sklaven geworden seien.
9. Und es wäre schwer, sich an die Entfremdung und Gleichgültigkeit in der Gesellschaft zu gewöhnen und an die erniedrigende Abhängigkeit von gleichgültigen, kalten Arbeitgebern.
10. Die russischen Übersiedler waren von einem unvollkommenen System in ein anderes, nicht weniger unvollkommenes gefallen, noch dazu mit kalten zwischenmenschlichen Beziehungen.
11. Heutzutage kann man nirgendwo in der Welt vor sich selbst davonlaufen ...
12. Der Morgen des neuen Tages. Galiläa. Die Reisenden gingen in einen kleinen Wald in der Umgebung von Malot. Der Wald lag auf einer Anhöhe.
13. Die Bilder des israelischen Landes wiederzusehen berührten die Herzen der Ankömmlinge mit zarter Trauer.
14. Große weiße Steine, Terrassen aus ihnen, unten ein kleiner Olivengarten, Wege, weit ins Tal fortführend, und niedrige Berge, eine Schafherde und ein Schäfer, die weder Alter noch Zeit kannten; der heimatliche, warme, bodenlose Himmel.
15. Lange gingen die Reisenden spazieren und erfreuten sich an dem Tag, das Herz aber krampfte sich von bebender Trauer zusammen.
16. Auf der anderen Anhöhe lag ein arabisches Dorf mit einer Moschee und der Ruf des Mullah tönte herüber. Und ringsum Sonne und ein weitab liegender Dunstschleier, der die Berge bedeckte ...
17. Am nächsten Tag ging der Lehrer wieder mit den Schülern zu den weißen Steinen am Rande des Waldes, der nach einem kleinen Abhang in einen Olivengarten überging. Das Herz wurde von diesem Ort angezogen.
18. Der Lehrer und Maria unterhielten sich leise und ließen sich zwischen den großen Steinen nieder.
19. Auf einem kleinen Hügel, unter den Bäumen, auf einem trockenen Nadelteppich, richteten die Schüler ein Gebet an den Vater.
20. Nach dem Gebet ließ Vadim, die Knie mit den Armen umfassend, langsam seinen Blick gleiten, betrachtete den Olivengarten, das Tal, den Schäfer mit seiner Herde und gab sich dem traurigen und gleichzeitig freudigen Zustand hin.
21. Wladimir versetzte sich nach dem Willen des Vaters in die weit zurückliegende und doch so nahe Vergangenheit.
22. Und er sah den Lehrer, der mit einer Gruppe von fünfzig Männern durch diesen Ort zog, wo Er nach zweitausend Jahren mit Maria über die Vergangenheit sprechen würde.
23. In einem ehrerbietigen Abstand von den Männern aber gingen drei Frauen mit von Tüchern bedeckten Gesichtern und eine von ihnen war Maria aus Magdala.
24. Und die Wanderer betraten die kleine Talsohle, wo sich heute der Olivengarten befindet, und wo einst ein abendliches Feuer brannte, und bei dem Lagerfeuer saßen Schäfer in deren Gesichtern sich das Feuer widerspiegelte.
25. Die gleichen Schäfer, die gleichen Schafe. Die Zeit war stehen geblieben.
26. Die müden Wanderer setzten sich ebenfalls ans Feuer. Die Frauen ließen sich weiter ab nieder.
27. Am Lagerfeuer ertönte das leise, gleichmäßige Rauschen der Wahrheit, wie ein ruhiger wasserreicher Bach ...
28. Am Abend dieses Tages fand ein Treffen mit den evangelischen Christen und ihrem Pastor Jurij statt.
29. Die Evangelischen hatten noch vor dem Zusammentreffen mit Vissarion die "Kleine Krume" der Wahrheit in ihre Hände erhalten und wussten also, dass sie heute nicht nur ein Treffen mit einem Menschen erwartete, der wie sie über Gott nachdachte, sondern mit Jenem, Der auf Seine Schultern die ungeheure Verantwortung gelegt hatte, sich das Wort Gottes zu nennen.
30. Wie soll man sich dazu verhalten? Ist das die Wahrheit oder eine Lüge? Und sie wählten sofort das zweitere, ohne sich auch nur die Mühe zu machen, den Menschensohn anzuhören, ohne sich die Wahl zu lassen.
31. Was für eine bittere Zeit! Wie erinnert sie an die Vergangenheit! Die gleiche Wut und boshafte Beschuldigung: "Wie wagst Du es, Unglücklicher, Dich das Wort Gottes zu nennen?!"
32. Doch die Wahrheit kommt dereinst auf die Erde. Sie kommt nicht nach Wunsch des Menschen, sondern nach dem Willen Gottes.
33. Und wie wichtig ist es, nicht das zu zertreten, worauf du dein ganzes Leben gewartet hast. Doch zu warten ist einfacher als anzutreffen ...
34. Und nun, nachdem sie den Lehrer und die Ihn Begleitenden begrüßt und höflich gelächelt hatten, begannen die evangelischen Christen ihre Versammlung.
35. Äußerlich waren sie ruhig; friedlich floss ihre Rede. Doch die Gereiztheit und das Nichtannehmen kann man nicht verstecken.
36. Und die Anschuldigungen waren bereits bereit und die Schmähungen für den geheiligten Geist.
37. Und als bei der Versammlung die Rede auf das Sakrament der Dreieinigkeit kam, brach der Lehrer Sein Schweigen: "Gerade wegen des verschiedenen Verständnisses vieler Sakramente haben sich die Christen geteilt und das Unentdeckte jeweils auf ihre Weise erfasst.
38. In der Schrift wurde nur gesagt: 'Geht und predigt im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.' Und nichts weiter ... Woher so viele Deutungen der Dreieinigkeit?
39. Schließlich ist die Wahrheit eine Einzige. Und jedes andere Verständnis von Ihr ist bereits eine Lügenwahrheit. Und wenn ihr möchtet, erzähle Ich euch die Wahrheit ..."
40. Die Stimme des Pastors zitterte ein wenig: "Jeder, der auch nur etwas von der Schrift weglässt oder dazufügt, wird bestraft werden.
41. Versuche uns nicht, Vissarion, mit deiner leisen, klagenden Stimme."
42. "Ihr wisst schließlich nicht, wer Ich bin, woher und wohin Ich gehe", sagte der Menschensohn.
43. "Wer die Schrift angreift und seine Brüder in Versuchung führt mit einem unreinen Geist, ist würdig, getötet zu werden. Gesteinigt zu werden!", erhob der Pastor die Stimme.
44. Weiter hörten Jurij und seine Gemeinde bereits nichts mehr.
45. Und nur ein Familienpaar, Maria und Samuil, waren unsagbar erstaunt von der Wildheit und Unbeherrschtheit ihrer Mitbrüder.
46. Sie hätten sich früher nicht einmal vorstellen können, dass ihre Brüder und Schwestern, die an Christus glaubten und bis zu diesem Tag ruhig und ergriffen-gutmütig waren, zu so einer Boshaftigkeit fähig wären.
47. Und Maria und Samuil war es bestimmt, die Boten der Wiederkunft im israelischen Land zu werden.
48. Vom Pastor angeführt versuchte die Gemeinde aber, zitternd vor Wut und Angst und ergriffen vom gemeinsamen Drang, mit lautem, vielstimmigem Gebet aus Vissarion und Seinen Schülern den "Teufel auszutreiben". Das Gebet wurde zum Getöse.
49. Aus den Reihen der Betenden kam ein kleiner Junge heraus, trat zu dem mit traurig hängendem Kopf dasitzenden Vissarion und begann, mit Ihm zu spielen, berührte Vissarion mit einem Lächeln und wünschte, dass ihn der Menschensohn seinerseits berühre.
50. So spielten sie in dem vielstimmigen Grollen, bis eine Frau gereizt den Jungen zurück zu den Betenden zerrte.
51. Und als die Evangelischen von ihrem eigenen Schreien müde wurden, riet Jurij der Gemeinde, sich nach Hause zu begeben, um nicht der stark negativen Einwirkung von Vissarion zu verfallen.
52. Und an Vissarion gewandt fügte er hinzu: "Dich, Vissarion, bitte ich, morgen unser Bethaus zu verlassen. Dieser reine Ort kann deine Anwesenheit nicht lange dulden."
53. Dann aber zog sich der Nachthimmel mit traurigen Wolken zu und Tränen fielen in dünnen Fäden auf das Land Galiläa. Der Himmel weinte, die Erde weinte.
54. Vissarion stand auf dem Balkon und die Tränen des Vaters berührten mit salzigen Regentropfen Sein Gesicht und Seine Lippen ...
55. Der Regen hörte nicht auf, nicht in der Nacht, nicht am Morgen, nicht am Tag.
56. Am Morgen kam der erregte Jurij und forderte, dass Vissarion mit den Schülern jetzt sofort wegfahre, sonst wäre er gezwungen, die Polizei zu rufen und das Haus von den ungebetenen Gästen befreien zu lassen.
57. Und er sagte, dass in der Nacht und am Morgen ein großer Teil seiner Gruppe von den verschiedensten Krankheiten befallen worden sei: von Halsschmerzen bis zu schweren Kopfschmerzen und Ziehen in den Gliedern. Jurij erklärte das mit der schweren Energie von Vissarion, mit der sich offensichtlich kein Magier messen könne.
58. Und er dachte nicht daran, dass die Krankheit seiner Gemeinde die zurückkehrende Schmähung der Wahrheit ist und dass viele, einschließlich ihm selbst, gestern ihr Schicksal entschieden hatten ...
59. Am Morgen des nächsten Tages sagte der Lehrer: "Es wird Zeit, weiterzufahren." Und der Menschensohn verließ Malot, die Familie von Roman und Lydia, denn es fiel ihnen schwer, gleichzeitig gastfreundlich zu den Reisenden aus Russland zu sein, und die hässliche Forderung ihres Pastors zu erfüllen, nämlich die ungeladenen Gäste aus dem Bethaus zu jagen.