Vadim 6

«

  Kapitel 1  

»

Vissarion erläutert das Sakrament des Übergangs auf eine neue Stufe am 14. Januar

1. Es kam die Nacht des Neujahrs- und Weihnachtsfestes heran. Der dreizehnte Tag des vor Frost knirschenden Januars 1996 neigte sich seinem Ende zu.
Ihrem Ende entgegen gingen auch die zwei Wochen, die von dem märchenhaften Sakrament bedeckt waren, bei dem man danach strebt, sich über seine eigenen Mängel bewusst zu werden. Diese Mängel waren in dem zu Ende gehenden Jahr alt geworden und baten darum, nicht mit ins neue Jahr genommen zu werden. (Da Vissarion das Wort Gottes ist und am 14. Januar Geburtstag hat, wird Weihnachten in der Gemeinschaft ebenfalls am 14. Januar gefeiert. Vom 1. bis zum 13. Januar, in der sog. Zeit der Zeitlosigkeit, analysieren die Gläubigen intensiv ihre inneren Fehler des vergangenen Jahres, so dass sie am 14. Januar auf eine höhere geistige Stufe steigen können. Im spirituellen Sinne beginnt also das wahre Neue Jahr erst am 14. Januar. Der 1. Januar wird zwar auch gefeiert, aber eher aus Tradition. - Anm. d. Übers.)

2. Die Mitternacht klopfte mit ihren letzten Minuten am Tempelhaus. Der Lehrer ging in der Stille der Erwartung durch den Korridor, der mit vielen Kerzen erleuchtet war, zu denen, die Ihn an der Festtafel erwarteten. Die Stille klirrte im Schweigen und begann zu schwingen.


3. Und der Menschensohn sagte:
"So ein Feiertag tritt einmal im Jahr als eine nächste Stufe ein. Doch wird denn der Gehende diese Stufe meistern können?! Werdet ihr denn in die neue Zeit eintreten können, die sich vor euren Füßen eröffnet?

4. Schon seit langer Zeit, seit vielen Jahrhunderten begehen die Menschen Neujahr. Sie feiern es, werden älter, werden mit einem Netz von Falten bedeckt, sie gelangen ins hohe Alter und jedes Mal glauben sie daran, dass sie zusammen mit den kommenden neuen Jahren ebenso wachsen werden.

5. Doch wenn man aufmerksam in die Herzen der Menschen blicken würde, so könnte man deutlich erkennen, dass, wie sich herausstellt, bei weitem nicht alle zusammen mit den gekommenen Jahren gewachsen sind, und dass sie, während sie jedes neue Jahr begrüßt haben, doch in der Vergangenheit zurückgeblieben sind. Und wie es einst war, als sie in ihrer Jugend zum ersten Mal das Neue Jahr begrüßt haben, so sind sie auch in jenem Jahr verblieben, weil sie keinen weiteren Schritt zu tun vermochten.

6. Denn das Sakrament des Übergangs in das Neue Jahr trägt in sich eine besondere Märchenhaftigkeit: Das ist nicht einfach der Tag einer zusätzlichen Feier und der Festlichkeiten, des Lärms, der Tänze und des bunten Treibens - sondern das ist ein Sakrament, wo der Mensch fähig ist, das Lasterhafte, das bis zu diesem Zeitpunkt in ihm geblieben ist, zusammen mit dem Lärm eines Knallers wegfliegen zu lassen, genauso wie Konfetti aus der Papierhülse herausgeschleudert wird, wenn man die Sprengvorrichtung auslöst.

7. Und diese zwei Wochen des wundersamen Märchens sind gerade jener Zeitraum, in dem ihr eure Schwächen erkennen sollt, welche in jedem Menschen auf unterschiedliche Weise auftreten.

8. Am Vorabend aber, in den letzten Minuten des vergehenden Jahres, soll man ernsthaft dieses Unzureichende in seinem Inneren benennen und bereit sein, mit den ersten Schlägen der wunderbaren Glöckchen des Neuen Jahres, dieses Überflüssige abzuwerfen und mutige, feste, wunderbare Schritte vorwärts zu tun.

9. Und erst dann beginnt das Neue Jahr wirklich, nur dann seid ihr fähig, reifer zu werden, und nur dann beginnt eure Seele, würdig aufzublühen, eine immense Kraft zu erwerben, ein wundersames Licht zu erlangen, welches aber nicht wie eine Wunderkerze nur kurzzeitig kleine Funken sprüht. Sondern dieses Licht ist fähig, wie eine wunderbare wohltuende Wunderkerze, ewig und immer Funken zu verstreuen, wie es euch vom Großen Gott eben geboten wurde, Der euch das ewige Leben gegeben hat.

10. So seid denn fähig, diese warmen und lichten Funken ewig zu verstreuen, welche fähig sind, in das Dunkel zu fliegen und jedes Eckchen zu beleuchten, wohin der Schatten fällt. Und diese Funken in eurem Inneren sollen immer mehr und mehr werden.

11. Das Neue Jahr beginnt bereits, sich mit wundersamen Schellen in euer Haus zu ergießen, eure Herzen zu berühren und euch zu verkünden, dass es bereits in der Nähe ist und bereit ist, eure Herzen zu umarmen, dass es bereit ist, euch anzufüllen. Und nun öffnet sich vor euch eine wunderbare Pforte, eine Kristallpforte mit einem wundersamen Kristallriegel, der sich unter Glockengeläut sanft aufgeschoben hat, und langsam beginnt sich nun die Pforte zu öffnen ...

12. Doch es zu vermögen, nun durch diese Pforte zu schreiten, das ist eben jene wunderbare märchenhafte Aufgabe, die jedem von euch auferlegt wird. So seid denn fähig, mutig diesen Schritt zu tun und laut dieses Neue Jahr zu begrüßen, damit mit dem Salut eurer Knaller all das Unnötige abfliege, was sich hartnäckig angeklammert hat, an eure Stirn, an eure Herzen, an eure Kleidung.

13. So zieht denn an der Schnur, und die Laster werden abfallen. So möge das Neue Jahr sein!"

14. Und es begannen die Knaller zu reden, und buntes Konfetti flog durch die Luft und half den Versammelten, ihre lästigen Mängel loszuwerden.


15. Wladimir der Jakute ließ durch die Berührung der Glöckchen ein zartes Geläut erklingen, das die Freude und das Lachen derer begleitete, die das Neue Jahr begrüßten. Wunderkerzen gesellten sich zu den Festkerzen, um den Speiseraum zu beleuchten.

16. Und es begann ein kurzes Neujahrs-Abendbrot, das abgelöst wurde von einem Feuerwerk und Reigentänzen um ein großes Lagerfeuer, das mit heißer Flamme in der frostigen Neujahrsnacht brannte.

17. Und die Feier im Haus dauerte bis zum frühen Morgen. Auf dem Programm stand auch eine komische Oper, die in dieser Nacht vom Kirchenchor geschaffen worden war, sowie viele Spiele, Lieder und Tänze ...


18. Um vierzehn Uhr am vierzehnten Januar, dem ersten Tag des neuen Jahres, dem Geburtstag des Lehrers, priesen die Kinder Gottes, die die Wahrheit lieb gewonnen hatten, den großen Himmlischen Vater mit einer feierlichen Liturgie.

19. Und nach der Liturgie, in der gemütlichen Stille eines großen Zimmers, das mit Dürstenden überfüllt war, sprach der Lehrer Sein Wort:

20. "Liebe Kinder Gottes! Große Minuten umhüllen jetzt eure Herzen, solche Minuten habt ihr bis zur heutigen Zeit nicht gehabt. Doch von nun an werden sie sich immer einmal im Jahr wiederholen, solange wir zusammen sind.

21. Dieser Augenblick des großen Sakraments kann nicht nur jene Menschen berühren, die in dieser Minute hier sind. Das Sakrament berührt jeden, der genau in diesem Augenblick an diese Minute denkt. Jeder Mensch, der in Gedanken bei dem Sakrament ist, welches hier vonstatten geht, wird in gleicher Weise in seinen Einfluss kommen.

22. Und nun sollt ihr die märchenhafte Minute dieser Zeit verstehen, um euch in der Zeit fortbewegen zu können, um durch die Zeit gehen zu können, ohne stehen zu bleiben und ohne in der Pforte stecken zu bleiben, die sich einmal im Jahr vor euch öffnet ...


23. Ihr seid berufen zu wachsen, euch zu verändern. Und wenn ihr euch verändert, so habt ihr sehr starken Einfluss aufeinander, bisweilen hängt ihr förmlich voneinander ab: Je stärker jemand von euch wird, desto stärker könnten auch alle werden, die in seiner Nähe sind. Sie könnten es. Doch werden sie es wirklich tun? Das hängt dann von ihnen selbst ab.

24. Dieser Aspekt des Lebens bleibt bei euch unveränderlich vorhanden, auf immer und ewig: Wenn ihr stärker werdet, so macht ihr auch eure Nächsten stärker; wenn ihr euch selbst rettet, so rettet ihr auch eure Nächsten.

25. Doch einmal, einmal in einer Epoche, vollzieht sich das Sakrament, wo eure Veränderung nicht nur voneinander abhängt, sondern wo alle zusammen auch von den Veränderungen der Quelle abhängen, Die plötzlich Ihr Leben in eurer Nähe offenbart. Denn wenn ihr diese Quelle in euch aufnehmt, dann ändert ihr euch nicht nur durch euren gegenseitigen Einfluss, sondern auch in Abhängigkeit davon, wie sich die Quelle selbst verändert.

26. Das Sakrament eurer Veränderung in dieser Art ist nur dann möglich, wenn die Quelle bei euch ist, wenn ihr durch Sie jenes Große lernt, welches das Wesen von Jenem darstellt, Der diese Quelle gesandt hat.

27. Denn sobald die Quelle ihren Aufenthalt bei euch beendet, kann dieser Tag zur Tradition werden, denn dann bleibt ihr wieder unter euch, allein miteinander, und wieder werdet ihr euch nur durch euren gegenseitigen Einfluss entwickeln.

28. In diesen Augenblicken, wo die Quelle bei euch ist, ist Sie ebenfalls berufen, sich zu verändern. Sie verändert sich, um eure innere Veränderung immer mehr zu aktivieren.

29. Indem ihr die Quelle in euch aufnehmt, seid ihr berufen jene Kraft in euch aufzunehmen, die ihr auf den ersten Etappen eurer Bewegung, eures Aufstiegs, benötigt.

30. Und wenn ihr aufrichtig vorwärts strebt und dabei euer ganzes Herz weiterhin mit jenem Herzen verschmelzt, Das nach dem Willen des Großen Gottes in eurer Nähe ist, so habt ihr die Möglichkeit, eure innere Welt zusammen mit der Quelle schnell zu verändern.

31. Der Wert solcher Veränderung mag euch nicht sogleich bewusst werden. Doch dieses Bewusstwerden kommt noch, es kommt mit der Zeit, und ihr werdet verstehen, welch grosse Verantwortung auf jenen liegt, die mit der Quelle in Berührung kommen, wie viel ihnen gegeben wird.


32. Wie leicht aber kommt man ab vom rechten Pfad, denn alle Wege führen ja scheinbar in Eine Richtung, doch nur einer dieser Wege ist gerade - und eben jener ist der Weg der Wahrheit.

33. Alle übrigen Wege jedoch haben, je nach dem Grad ihrer Nähe zur Wahrheit, einen gewissen Krümmungsgrad und driften allmählich ab.

34. Und im Endeffekt gleicht jeder andere Weg (als der der Wahrheit - Anm. d. Übers.) einer Schleife, bei der ihr eines Tages von selbst wieder zu ein und demselben Anfangspunkt kommen werdet, solange bis ihr gelernt habt, geradeaus zu gehen.

35. In der ersten Zeit scheint es immer so, als ob ihr alle zusammen geht und als ob ihr in die gleiche Richtung geht. Doch im Laufe der Zeit verzweigen sich eure Wege unbemerkt, und siehe da - einige eurer Nächsten erblickt ihr bereits nicht mehr, denn sie haben sich irgendwo hinter einer Biegung verloren, dann ist ein anderer aus eurem Blickfeld verschwunden, und noch weitere Gesichter verschwinden ...

36. Und so werdet ihr einmal am Ende des Lebens begreifen, dass ihr dort angekommen seid, von wo aus ihr einst versucht habt loszugehen. Doch als ihr losgegangen seid, behieltet ihr einige Schwächen bei, von denen ihr gewusst habt, dass dies Schwächen von euch sind. Doch ihr habt euch nicht besonders bemüht, diese Schwächen zu besiegen ... Und so muss man, nachdem Jahrzehnte vergangen sind, erneut erkennen, dass man wieder am Anfang des Weges steht.


37. Verliert keinen Augenblick. Natürlich ist das Leben ewig, und ihr werdet sowieso lernen, die Wahrheit zu verstehen. Doch der Verlust eines jeden Augenblicks, selbst auf dem Weg der Ewigkeit, ist ein großer Verlust für einen Gläubigen.

38. Ein Gläubiger achtet nicht darauf, was die Ewigkeit bringt, sondern er schaut auf den momentanen Augenblick, denn genau im jetzigen Augenblick soll er den Willen Gottes erfüllen, würdig erfüllen, und diesem alle seine Kräfte hingeben. Dieses Hauptmerkmal richtig einzuschätzen, ist äußerst notwendig, denn das ist der Schlüssel eures Daseins, der Schlüssel eures Aufblühens.

39. Das Bewusstwerden dieser einfachen Sakramente ist eure Angelegenheit. Doch zu eurer Hilfe erscheint eines Tages die Quelle, aus der Wasser von kristallener Reinheit sprudelt.

40. Wer aber von euch durstig ist, das wird auf natürliche Weise bestimmt: Der Durst tritt bei euch durch die Aufrichtigkeit eurer Handlungen in Erscheinung, denn wenn Aufrichtigkeit vorhanden ist, dann erscheint auch das Bedürfnis trinken zu wollen.

41. Doch wenn ihr zum Trinken kommt, denkt daran: Jeder Tropfen hat einen immensen Wert. Verliert diese Tropfen nicht, vergesst nicht, euch beim Trinken mit eurem ganzen Wesen mit jedem Tropfen zu vereinigen.

42. Wenn dann der Übergang von einer Stufe zur anderen vonstatten geht, wenn sich die Quelle auf natürliche Art verändert, weil Sie sich in den Gesetzen der Materie befindet, an diesem Tag bekommt ihr so die Möglichkeit, auf besondere Art vorwärts zu schreiten.

43. Doch in diesem Moment sollt ihr so weit wie möglich versuchen, euch mit Jenem zu vereinigen, Der nicht nur durch die Zeit kommt, sondern Der sich auch außerhalb der Zeit bewegen kann.

44. Und wenn ihr in diesen Augenblicken danach trachtet, euch wenigstens am Saum Seines Gewands festzuhalten, so könnt ihr wunderbare Augenblicke erleben, die euch helfen, besondere Rätsel zu lösen, märchenhafte Sakramente.


45. An diesem Tag kommt für Mich die Stunde, eine bestimmte Stufe zu überschreiten, die Ich benötige, eine Stufe Meiner Welt, Meines Sakraments, Meines Rätsels.

46. Doch Ich bin nicht von euch losgelöst, besonders nicht von jenen, die Mir glauben und die sich mit Meinem Herzen zu Einem vereinen.

47. Und wenn ihr euch in diesen Augenblicken mit Mir vereinen werdet, so könnt ihr, wo ihr euch auch befinden solltet, diesen Augenblick fühlen und dieses Sakrament an euch erleben, denn der Schritt geht unsichtbar vonstatten.

48. Versucht jetzt, still bei Mir zu sein und sehr fest, so stark wie möglich, euch mit Meinem Herzen zu vereinen. Ich aber begehe den Übergang ..."

49. Und es traten Minuten des Schweigens ein, und die Ihn Liebenden öffneten ihre Herzen dem Herzen des Menschensohnes, und füllten sich mit diesem Augenblick ...


50. "Jetzt aber soll euch das Neue Jahr weiter Geschenke darbieten, die viele von euch erwarten, obwohl nicht alle die Möglichkeit haben, sich ihnen zu nähern.

51. Doch die Geschenke warten, weil es die Hoffnung gibt, dass ihr in dem einen oder anderen Augenblick doch fähig sein werdet, die richtige Wahl zu treffen.

52. Hoffnung! Eben deshalb bleibt weiterhin ein Geschenk unter dem Tannenbaum liegen, bei jenem Pfad, der euer sein soll. Doch ob er euer sein wird - das wird eure eigene Wahl sein!

53. Denkt an Meine Worte! Die Aufrichtigkeit eurer Schritte, der Eifer bei euren Schritten, das Beben bei euren Schritten wird jetzt vieles bestimmen.

54. Viel wurde euch gegeben und ihr werdet es während des ganzen neuen Jahres spüren, wenn ihr die Größe und den Wert von dem versteht, womit ihr in Berührung gekommen seid. Seid würdig! Friede euch, Glück und Liebe!"