Vadim 6

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  Kapitel 26  

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Ein Paar verliert seine Tochter durch einen Gerichtsbeschluss

1. Ende Juni 1996, Sibirien, Petropáwlowka. Aus Deutschland kamen Swetlana und Andrej zum Lehrer, doch sie kamen ohne ihre vierjährige Tochter Julia, die Swetlanas Eltern ihnen durch ein Gerichtsverfahren genommen hatten.

2. Die Eltern von Swetlana waren Russland-Deutsche, die vor fünf Jahre zusammen mit Swetlana aus dem Altai nach Deutschland gezogen waren. Doch zum Zeitpunkt der Abfahrt hatte Swetlana bereits Andrej geliebt ...

3. Andrej war in Russland verblieben, war aber zweimal in Deutschland zu Besuch bei Swetlana gewesen, doch aufgrund verschiedener Hindernisse konnten sie in Deutschland keine Familie gründen. Deshalb war Swetlana zu ihm nach Poljarnij gekommen und sie hatten in Russland geheiratet.

4. Zum Zeitpunkt der Hochzeit hatten sie bereits die einjährige Tochter Julia. Bis zu ihrer Geburt hatte keiner in der Familie von Swetlana Julia haben wollen, aber nachdem sie geboren war, hatten alle sie lieb gewonnen.

5. Im Herbst 1994 war Andrej, der den Lehrer bereits für sich angenommen hatte, nach Deutschland zu seiner Frau und Tochter gefahren, um eine permanente Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen.

6. Auch Sweta, die durch Andrej mit der Wahrheit in Berührung gekommen war, erkannte Sie für sich. Und die junge Familie hatte ihre Sachen zusammen gesammelt, um nach Sibirien, in das Gelobte Land, umzuziehen.

7. Die Aufregung unter Swetlanas Verwandten in Bezug auf die Abreise der Tochter und der Enkelin war häufig in Empörung übergegangen. Und da man Sweta selbst nicht mehr hatte "retten" können, so waren wenigstens alle Anstrengungen zur "Rettung" der Enkelin unternommen worden.

8. Der Kreisrat für Jugendfragen des Landkreises Berchtesgadener Land hatte ihnen Hilfe und Unterstützung versprochen ... Und man hatte Julia vom Kindergarten abgeholt, ohne die Mutter und den Vater zu unterrichten. Die Vormundschaft für die Enkelin aber war zwischenzeitlich den Eltern von Swetlana übertragen worden, und erst dann waren Andrej und Swetlana von dem Geschehen in Kenntnis gesetzt worden.

9. Dann war es zu einer Gerichtsverhandlung gekommen, die die ganze Gerichtsbevollmächtigung einbezogen hatte, bei der Andrej und Swetlana jedoch kein Recht auf einen Verteidiger gehabt hatten. Das Gericht brauchte nur die Verbindung der jungen Familie mit der "Sekte" von Vissarion aufzudecken.

10. Ein Artikel aus der Rubrik "Religiöse Fanatiker" war aus der "Süddeutschen Zeitung" vorgelesen worden und als Beispiel eine ungenaue Nacherzählung eines übersetzten Artikels aus dem Journal "Ogonjok".

11. Das Gutachten des Berliner Experten für Sekten, Pastor Gandow, das auf einer Antwort der Moskauer Patriarchie basiert hatte, die vom Moskauer Patriarchen bestätigt worden war, hatte als wichtigstes Beweismaterial für den Gerichtsbeschluss gedient.

12. Und in diesem Gerichtsbeschluss war gesagt worden, dass den Mitgliedern einer der drei gefährlichsten "Sekten" in Russland einschließlich der Kinder tierische Produkte und die Benutzung von medizinischen Präparaten verboten seien, dass man die Kinder in der "Sekte" von den Eltern trenne und dass Vissarion Seine Anhänger zum Selbstmord aufrufen würde, falls die Gesellschaft die Wahrheit nicht annehme. Und auf den Seiten dieses Dokuments waren weitere Aussagen gemacht worden, die nicht würdig sind, in diesem Buch erwähnt zu werden.

13. "Das Gericht ist überzeugt", war in dem Gerichtsbeschluss gestanden, "dass der Vater, Lagunow Andrej, keinerlei Vorstellung von der negativen Tendenz der 'Sekte' hat, doch das ist typisch für Sekten, denn sie stellen ihre Interessen in einem guten Licht dar und verbergen die negativen Grundlagen, damit ein Interesse zum Anschluss an die Organisation entsteht ...

14. Die Gefahr für das Wohlergehen des Kindes bei einer Umsiedlung nach Russland wird selbst dann nicht geringer werden, wenn sich die Eltern davon überzeugen, dass die 'Sekte' wirklich gefährlich ist und sie diese verlassen möchten. Tragisch ist bereits, dass die Eltern an den guten Ursprung der 'Sekte' glauben ...

15. Solange die Eltern nicht auf ihre falsche Absicht verzichten, sich der 'Sekte' in Russland anzuschließen, wächst die konkrete Gefahr für das Kind.

16. Es versteht sich, dass zur Verhinderung der Gefahr die Eltern nicht mit dem Kind nach Russland fahren dürfen, weil ein Zusammenleben mit den Eltern das Kind bindet und eine Gefahr für sein Wohl darstellt.

17. In Deutschland drohen dem Kind bei einem Zusammenleben mit den Eltern Gefahren, die man nur durch das Wegnehmen des Kindes verhindern kann ..."

18. Vissarion schüttelte traurig den Kopf als Er die Erzählung von Andrej und Swetlana über die Unvernunft der "vernünftigen" Welt anhörte.

19. Am Ende der Erzählung segnete der Lehrer die jungen Leute für ein Leben im Gelobten Land und riet ihnen, sich nicht übermäßig wegen der Tochter zu grämen, sondern alle möglichen Anstrengungen zu unternehmen, ihr zu helfen, ohne zu vergessen, dass sie ihr eigenes Schicksal habe, das sie nicht kannten.