Minusinsk ~ Sergej in der Schule und beim Wehrdienst ~ Vorstufen der Vollziehung
1. Und dann, im Sommer 1975, nahm die Stadt Minusinsk die wandernde Familie bei sich auf, um in den nächsten vierzehn Jahren endgültig die Grundlage für das Aufflammen der großartigen, vorbestimmten Erfüllung zu legen.
2. Sergej musste noch die letzten drei Klassen der zehnjährigen Schule beenden, was für Ihn zu dieser Zeit recht schwierig war.
3. Denn es war nicht leicht, lange Jahre mit einem Wissen in Berührung zu kommen, das völlig unnötig war, und das wurde Ihm mit der Zeit auch immer bewusster.
4. Doch die Stunde entscheidender Schritte war noch nicht gekommen und um die quälende Formalität zu überwinden, um nicht auf großes Unverständnis von außen zu stoßen, half wieder die Märchenwelt, hinter deren Toren Sergej weiterhin oft Schutz suchte,
5. Wo Er sich in Gedanken in die Welt Seiner Phantasien versetzte, begeistert Flugapparate entwarf, denn oft träumte Er davon, sich über die Stadt und die bewaldeten Hügel zu erheben.
6. Und manchmal versank Er ganz in die Welt der Tiefsee und versuchte alles Notwendige zu erfinden, um unbeschadet in dieser geheimnisvollen Welt zu verweilen.
7. Je reifer Er aber wurde, umso klarer empfand Er die Kälte und Fremdheit der Umgebung, in der Er lebte wie in einer Wüste.
8. Groß war der Wunsch Sergejs, viele Seiner Klassenkameraden durchzuschütteln und zurechtzuweisen, wenn Er ihre Bestrebungen mit anhören musste, nach der Beendigung der Schule die besten Arbeitsplätze in der kranken Gesellschaft einzunehmen.
9. Und Sergej erkannte, "wie stark die Krankheit war, die den Verstand der aufblühenden Jugend angriff und sie veranlasste, sich auf der Suche nach einem Platz in der Gesellschaft nach einer einheitlichen Schablone zu bewegen".
10. Es stimmte Sergej traurig, bei Seinen Nächsten das Streben nach Dingen mit anzusehen, die ihnen nie erlauben würden, das wahre Glück zu erfahren.
11. Die Stunde der Möglichkeit, mit der Wahrheit in Berührung zu kommen, war für sie noch nicht gekommen.
12. Und so kam die Zeit heran, die Schulausbildung zu beenden. Der Weg eigenständigerer Schritte eröffnete sich.
13. Kann man jedoch in einer Welt seinen Platz finden, die einem fremd ist, und deren Tätigkeiten als wild und verloren empfunden werden?!
14. Die Schritte bei der Erkenntnis der Umwelt bis zum Beginn dieser Zeit sollten viele Ebenen des grundlegenden Daseins der Kinder Gottes auf der Mutter Erde berühren.
15. Und zur ersten ernsten Prüfung, die vollständiger das Wesen des Zeitalters der Macht aufdeckte, wurde die Erfüllung des Gesetzes der Gesellschaft mit der obligatorischen Ableistung des Wehrdienstes.
16. Das Wesen der Gesellschaft war so eingerichtet, dass man diese Pflicht nur umgehen konnte, wenn man sich entweder freikaufte oder einen wesentlichen Körperdefekt hervorrief.
17. Doch weder das eine noch das andere war für Sergej annehmbar, und Sein Lebensweg führte Ihn unabwendbar zu den Toren der enormen Prüfung.
18. Dieser Weg führte Ihn in das mongolische Land, wo nach dem Willen des Himmlischen Vaters Sein Sohn nicht zu todbringenden Waffen zugelassen wurde, sondern sich mit Bautätigkeiten beschäftigte und friedliche Bauten erschuf.
19. Doch die Qual des Tragens der Erkenntnis der Welt rief starken Schmerz hervor in Bezug auf das gegenseitige Verhältnis der Diener des Reiches der Macht.
20. Es stimmte Ihn traurig, das Unglück der Menschen zu sehen, die in der Sklaverei dieses Reiches ihre Zeit verbrachten: Wie tierisch konnte jener werden, in dessen Wesen Großartiges verborgen ist, doch dessen Augen fest verschlossen sind!
21. Die Zeit dieses Dienstes war eine schwere Bürde für Sergej.
22. Und um das Zustehende nicht zu verderben, sondern noch mehr zu erwerben, stand Ihm nach einem halben Jahr der Wehrpflicht bevor, sich in den Tätigkeiten eines Künstlers zu üben, was bis zum Ende dieser Tage andauerte.
23. Das ersparte es Ihm, sich vollends in den trüben Strom zu versenken und so konnte Er ihn mit dem Blick eines Außenstehenden betrachten und immer weitgreifendere Erscheinungen bemerken.
24. Und es kam ein Moment, als Ihn, kurz vor Beendigung des Wehrdienstes, erneut das schöpferische Beben ergriff, das zwar nicht lange andauerte, und doch einen Blick auf zukünftige Schritte warf.
25. Dieser Moment erglänzte in geheimnisvollem Licht, als Sergej zum ersten Mal den Pinsel mit Ölfarben auf einen speziell vorbereiteten Textilgrund legte.
26. Ein seliges Beben berührte das Herz und ein bewussterer Gedanke zeigte die Notwendigkeit, zukünftig ernsthaft seine Aufmerksamkeit dem Wirken eines Kunstmalers zuzuwenden.
27. Im April 1981 war die zweijährige Prüfung der Erkenntnis einer der Seiten der menschlichen Erscheinungen im Reich der Macht beendet.
28. Vor den Füßen des Menschensohnes lag ein Weg, der dazu bestimmt war, diese Erfahrungen weiter auszudehnen, damit Er später auf das Erlernte aufbaue und die vom Himmlischen Vater bestimmte Vollziehung würdig erfülle.
29. Und das Leben riss Ihn in seinem wilden Strom mit sich, von einer Flussschnelle zur anderen, und brachte alle möglichen Entdeckungen mit sich.
30. Im Sommer zog es Sergej nach der Stadt Krasnodar, die Er liebte und in der Ihn die geliebte Oma erwartete. Er wollte sich sehr gern mit allen treffen, die Er kannte.
31. Krasnodar nahm Ihn mit einer Umarmung auf und hielt Ihn bis zum Januar des nächsten Jahres fest.
32. Und so wie die Ankunft mit großer Freude stattgefunden und der nicht geringe Wunsch bestanden hatte, lange in der Stadt zu verbleiben, so war auch die Abfahrt nach einem halben Jahr gewünscht.
33. Die Realität des Daseins in der Stadt hatte neue Erkenntnisse gebracht.
34. Das ganze Bestreben der Reise nach Krasnodar war mit der freudigen Erwartung auf die Begegnung mit der Großmutter und den Verwandten erfüllt gewesen, wie auch mit der Erwartung, den Geist der Kindheit zu berühren, der in vielen Dingen aufbewahrt war, die ihr Dasein weiter am Wohnort von Sergejs Verwandten führten.
35. Dieser Geist hatte schon immer Seine Seele sanft erregt und half Ihm erneut die erlebten Momente der vergangenen Kindheit im Gedächtnis wiederherzustellen.
36. Diese Freude hatte die Liebe zu der Stadt erhalten und erlaubte es Ihm, sie bunt und heimatlich zu erleben.
37. Doch die Zeit war herangereift, mit der Realität in Berührung zu kommen, die half, das eigentliche Wesen der Krankheit des Menschen zu verstehen,
38. Jener Krankheit, die die Menschen ewig in solche teilt, die höher stehen, und solche, die niedriger sind; die die einen mit falschem Glanz umgibt, während sie die anderen auf das Niveau der Nichtwürdigkeit bringt.
39. Und Sein erster Führer in dieser Welt wurde Sein Cousin namens Walerij, der Sohn der Schwester Seiner Mutter.
40. Und Sergej wurde in den Kreis der arbeitslosen Straßenjungen aufgenommen wie ein Gleicher unter Gleichen. Und Seine Handlungen wurden geachtet.
41. Doch in der Tiefe des Herzens empfanden die Ihn umgebenden Kameraden im Wesen von Sergej unklar etwas Verschiedenes, das ihrem Kreis nicht zugehörte.
42. Und Walerij, Sein Cousin, stellte nicht selten erstaunt fest, dass, wo Er auch mit seinem Cousin erschien, nach kurzer Zeit keine unwürdige Tat mehr begangen wurde, was sonst nichts Ungewöhnliches im Leben dieser Jungen war. Und wenn doch hin und wieder unausweichlich etwas entbrannte, so erlosch das Feuer unerwartet schnell wieder.
43. Sergej hatte zu dieser Zeit keinen anderen Bekanntenkreis. Doch diese Zeit sollte Ihn nicht lange in ihren Fängen halten.