Vadim 4

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St. Petersburg ~ Kindererziehung ~ Das Schicksal von Leonid

1. Am Samstag, den 15. Januar 1994, am Tag der Abreise des Wanderers auf eine lange Fahrt, ertönte erneut Sein Wort.

2. Und es wurde gesagt: "Stufe um Stufe steigt ihr zu jenem Werk empor, das eure Bestimmung ist.

3. Doch an diese Stufe müsst ihr herantreten, nachdem ihr die notwendige Erfahrung für die beste Verwirklichung eurer Bestimmung gesammelt habt.

4. Und diese Erfahrung werdet ihr bekommen, wenn ihr euch auf dem Weg, auf dem euch der Vater führt, bewegt ...


5. Es gibt keine unbedeutenden Schritte.

6. Jeder eurer Schritte, die heute getan werden - das ist euer Leben, das ist ein Stückchen eures Lebens.

7. Reißt ein Stückchen aus eurem Fleisch, reißt wenigstens ein kleines Teilchen heraus ... Werdet ihr dabei nichts empfinden? Natürlich wird es weh tun.

8. Jeder falsche Schritt reißt ein Teilchen aus eurer Seele, ein kleines Teilchen, ein scheinbar unbedeutendes.

9. Doch wenn ihr viele solcher Schritte macht, reißt ihr einen riesigen Teil aus eurer Seele, und dann kann sie sich nicht regenerieren, und die Kraft zur Schöpfung fehlt. Und das Hindernis, das euch erwartet, wird unüberwindbar sein.

10. Und ihr werdet natürlich aufschreien: "Was soll ich machen, es steht nicht in meinen Kräften!" Hier kann man sich nur selbst die Schuld geben.

11. Seid achtsam, versteht es, Freude bei der Arbeit zu empfinden.

12. Versucht, euch nach jeglicher Arbeit, die euch unter die Hände kommt, zu sehnen, wenn diese Arbeit zum Wohle eurer Nächsten gereicht. Denn das ist eine wunderbare Möglichkeit, sein Herz zu verschenken.

13. Doch die Schönheit der Arbeit wurde noch nicht erkannt ...


14. Heute können sich die Menschen nur retten, wenn sie sich bei der Hand nehmen zum gemeinsamen, wunderbaren Schaffen,

15. Wenn ihr, den Schmerz des anderen fühlend, ihn mit eurer Schulter stützt, und das lebensspendende Nass eures Herzens hingeben könnt.

16. Doch vorerst gibt es kein Schaffen, es bleibt nur Gerede - Gerede über die Liebe, Gerede über das Gute.

17. Glaube ohne Taten ist tot.

18. Nur in den Taten eures Körpers tritt der Glaube an den Vater zum Vorschein!

19. So sollen denn eure Hände ewig wunderbare Arbeit berühren!"


20. Krasnojarsk begrüßte den Menschensohn für einen Tag (am Abend stand der Flug nach St. Petersburg bevor).

21. Und es fand ein Treffen in der Wohnung von Larissa statt, die versuchte, die wenigen Anhänger der Vollziehung in ihrer Heimatstadt zu vereinen.

22. Und zum Treffen mit Vissarion kamen jene, die den Lehrer in ihr Herz aufnehmen wollten.


23. Eine junge Frau, die bis zu diesem Tag Sri Chinmoy für ihren Lehrer hielt, fragte: "Jetzt ist eine günstige Zeit für die Wahl des geistigen Weges. Es gibt so viele Strömungen, Richtungen, soviel angehäuftes Wissen. Wie soll man sich aber in dieser Vielfalt zurechtfinden? Wie soll man den Weg suchen?"

24. "Die Wahrheit mit dem Verstand zu suchen - ist ein gewaltiges Unglück, nur das Herz ist in der Lage, sie zu erkennen.

25. Die Wahrheit wird nicht mit Gewalt in den Mund geschüttet, man muss selbst wünschen die Wahrheit zu trinken.

26. Und heute muss man alle menschlichen Vorstellungen verwerfen, die sich in Jahrtausenden angesammelt haben.

27. Mit dem schweren Gepäck von früher kannst du nicht in die Zukunft schreiten", antwortete der Lehrer.


28. "Wenn man den geistigen Weg betritt, wachsen die Leiden. Ist das ein Zeichen für die Richtigkeit des Weges?"

29. "Leiden an sich sind ein Zeichen für deine Anhänglichkeit an die materielle Welt.

30. Ein Verlust, der mit dir verbunden ist - ist ein Leiden um sich selbst.

31. Wenn du einen Verlust betrauerst, der mit dir verbunden ist, so bedeutet das, dass du ihn deiner Anhänglichkeit an die materielle Handlung wegen betrauerst. So ein Leiden zeugt nicht von deiner geistigen Entwicklung.

32. Das Verschwinden des Leidens um sich selbst und ein Schritt hin zum Leiden um die Mitmenschen - das ist ein Schritt hin zur wahren geistigen Entwicklung."


33. Und an diesem Tag wurde den Fragenden gesagt: "Wie absonderlich bemalt Väterchen Frost das morgendliche Fenster.

34. Wenn du dort einen Wald siehst, so wird sich dein Nächster damit einverstanden erklären, und ihr werdet zusammen über die Schönheit und Großartigkeit des Waldes reden.

35. Doch wenn einer von euch sagt: 'Seht, welch erstaunliche Nadelbaumzweige', wird ein anderer mit den Schultern zucken und sagen: 'Ich sehe sie nicht, ich sehe nur Laubbäume'.

36. Und so werdet ihr euch in Details immer weiter voneinander entfernen, obwohl ihr über ein und dasselbe Bild redet.

37. Denn eure Individualität ist einzigartig, und ihr werdet die Umwelt immer verschieden aufnehmen, was genauso bei der unterschiedlichen Auffassung von der Wahrheit in Erscheinung tritt, Die ihr mit eurem Herzen aufnehmt."


38. "Es ist unmöglich, das Meer leer zu schöpfen, ohne den Fluss, der es speist, zu versperren.

39. Es ist unmöglich, den Teufel zu vernichten, ohne seine Ernährung mit Boshaftigkeit, Empörung und Kälte einzustellen."


40. "Wenn du die vorbestimmte Arbeit vorerst noch nicht gefunden hast, so erfülle jede, die sich unter deinen Händen befindet, wenn sie auf das Wohl der Menschen gerichtet ist, und gib bei dieser Arbeit dein Herz den Menschen hin.

41. Und wenn diese Arbeit dir zu unbedeutend und ausdruckslos erscheint, so zeugt das von deiner Schwäche und nicht von der Wertlosigkeit der Arbeit."


42. St. Petersburg. Der Flughafen Pulkowo. Der Abend des 17. Januar 1994. Und es kam zu einer wundervoll warmen Begegnung von Anhängern mit dem Lehrer.

43. Brot, Blumen, freudig leuchtende Augen, ein aufrichtiges Lied und viele lächelnde Gesichter, die den Lehrer in weitem Kreis umgaben.

44. Leute, die sich nach dem Willen des vergehenden Tages auf dem Flughafen befanden und von der Vollziehung nichts wussten, wurden ebenfalls unerwartet von den freudigen Handlungen ergriffen. Sie umringten Vissarion mit einem noch größeren Kreis und versuchten, Ihn im Zentrum dieses leuchtenden Wirbels zu betrachten.

45. Und sie fragten einander: "Wer ist das?"

46. Und viele Stimmen antworteten ihnen: "Das ist Vissarion, Gottes Sohn!"


47. Von Pulkowo führte der Weg zur Großen-Podjatscheska-Straße, wo die St. Petersburger ihr Zentrum organisiert hatten.

48. Und der Lehrer segnete das Brot und die Wände dieses Tempels.

49. Am nächsten Tag gab es ein Treffen zwischen Vissarion und Anhängern im Humanitätszentrum.

50. Und es erklang ein Wort über den Glauben. Und es wurde gesagt: "Die ganze Mutter Erde ist ein Gelobtes Land, denn hier wurde der großartige Funke des Vaters geboren - jener Funke, gleich dem nirgends einer existiert!

51. Das Universum ist unermesslich. Und nur in eine seiner Ecken tragt ihr diese Wärme, indem ihr euch in ein wunderbares Fleisch gekleidet habt, als sich vor euch der großartige Weg der Ewigkeit eröffnete: zu erschaffen und den Willen eures Großen Vaters zu erfüllen!

52. Der Vater ist immer in der Nähe. Betrachtend wartet Er, wie ihr den nächsten Schritt tut.

53. Denn ihr seid wie auf einer Handfläche. So tut diesen Schritt denn würdig!

54. Denkt immer an den Blick Gottes. Was auch geschehen möge, der Vater beobachtet aufmerksam und sagt leise: "Nun, Mein Kindchen, geh voran! Schreite entschlossen vorwärts, denn Ich bin bei dir!"


55. In den Antworten auf Fragen sagte der Lehrer zu der neuen Schule:

56. "Die Seelen vieler Kinder, die jetzt geboren werden, sind Jahrhunderte älter als die ihrer Eltern.

57. Diese Seelen sind in vielem erfahren und berufen, die Grundlage der zukünftigen Menschheit zu bilden.

58. In sie wurden besondere Eigenschaften hineingelegt, die sich in einem bestimmten Alter entfalten werden.

59. Und sie werden schnell ihre besondere Kraft anhäufen, jene Vorbestimmung, die zu erfüllen sie berufen sind.

60. Weshalb diese Seelen sodann intuitiv schnell abweisend reagieren werden, wenn sie mit Falschheit, Abstoßendem und Unrichtigem in Berührung kommen - und das auf eine natürliche Art und Weise.

61. Deshalb ist die existierende Bildungsform veraltet und wird ins Nichts verschwinden.

62. Jetzt benötigt ihr eine neue Schule, eine ganz andere. Und diese Schule werdet ihr selbst aufbauen.

63. Die neue Schule führt das kleine Kind zum Verständnis des Märchens und hilft ihm, das Schöne zu erschaffen.

64. Sie lehrt es, zu spielen, zu singen und Wunderbares mit seinen Händen zu schaffen. Dann wird es zu empfinden beginnen, was es bedeutet, den Mitmenschen Freude zu schenken, indem es seine Werke hingibt, durch die es sein Herz hingibt.

65. Das Wissen, das es erlangt, muss ihm bei der Entfaltung seiner Möglichkeiten helfen.

66. Es muss genau das aufnehmen, was es im gegebenen Augenblick benötigt, um seine Möglichkeiten zu entfalten.

67. Wenn der Mensch nach speziellem Wissen dürstet, so kann er es in kurzer Zeit erfahren.

68. Wenn er sich nicht danach sehnt, so kann er Jahrzehnte in der Schule lernen, doch er wird nichts davon kennen lernen.

69. Das ist eine besondere Eigenschaft des Menschen, deshalb muss man sich hier sehr feinfühlig dem Suchen des Kindes gegenüber verhalten und ihm die Möglichkeit zur schöpferischen Tätigkeit geben, zur Arbeit. Es soll Freude in dieser Arbeit erfahren, wenn es neben den Erwachsenen arbeitet und Wunderbares schafft.

70. Deshalb müssen in der Schule Lehrer der Arbeit, des Pinsels, der Musik, Lehrer der Lieder, der Tänze und noch viele Lehrer verschiedener wunderbarer Künste sein. So eine Schule muss errichtet werden!"


71. Am 19. Januar 1994 war einer der größten Säle von St. Petersburg überfüllt.

72. Und der Lehrer sagte über die Begrüßung in Pulkowo: "Unsere jetzige gemeinsame Zeit, die ihr mit wunderschönen Liedern, wunderbarem Lächeln, brennenden Herzen und Händen, gefüllt mit duftenden Blumen begrüßt habt, kann man mit jener weit zurückliegenden Zeit vergleichen, die euch als der Einzug in die Stadt Jerusalem bekannt ist.

73. Und hättet ihr in den Händen Palmenblätter gehalten, wahrhaftig, man hätte sie auf den Weg gelegt! Wie entfaltet sich vor euch heute diese wunderbare Vollziehung, die euch von Gott geschenkt wurde!

74. Und wenn Ich in eure Augen blicke, in eure brennenden Herzen, höre Ich wahrhaftig die Worte 'Hosianna', die eure Seelen ungewollt rufen!

75. Doch noch viele Schwierigkeiten stehen bevor und die Zeit wird die Aufrichtigkeit des menschlichen Glaubens zeigen."


76. Und noch ein Tag in St. Petersburg, und es fand ein Treffen mit Anhängern im Kulturpalast statt, wo die Antworten der Wahrheit auf viele Fragen erklangen.

77. An allen drei Tagen des Aufenthalts in St. Petersburg traf sich der Lehrer bis zur abendlichen Zusammenkunft mit jenen, die eine persönliche Unterredung mit Ihm wünschten.

78. Und diese Begegnungen fanden dort statt, wo der Lehrer mit den Schülern wohnte, im Hotel, dessen Besitzer Sergej war. Er war ein aufrechter Nachfolger der Vollziehung, der viele Anstrengungen unternommen hatte, um den Besuch des Lehrers und Seine Ansprachen zu ermöglichen, zusammen mit Nikolai und Alexander, zwei talentierten Bildhauern, und vielen St. Petersburgern.


79. "Erst wenn du einen Fehler in deinen Handlungen selbst erkennst, kannst du ihn berichtigen, jedoch nicht früher.

80. Selbst wenn die ganze Menschheit dir deinen Fehler aufzeigt, doch du erkennst ihn nicht - dann handle so, wie du es für richtig hältst", sagte Vissarion zu einem Jungen aus Iwanowo, der zusammen mit seiner Mutter gekommen war. Sie war darüber beunruhigt, dass zu viele Bekannte dem Jungen kategorische Ratschläge gaben, da sie vermuteten, dass er Kontakt mit der außerirdischen Welt habe.

81. "Und wenn es zu spät ist, sich zu berichtigen?", fragte der zwölfjährige Mensch.

82. "Alles zu seiner Stunde! Es gibt kein 'zu spät'.

83. Wenn es zu spät ist, etwas in sich zu berichtigen, so bedeutet das nur, dass die Notwendigkeit einer Berichtigung nicht bestanden hat. Es war aber wichtig, sich des Fehlers bewusst zu werden", antwortete der Lehrer.


84. Und eine Frau, die allein zum Lehrer gegangen war, sagte: "Ich kann diese Frage nicht vor allen bei einer Zusammenkunft stellen, da ich keine peinliche Situation schaffen möchte. Sagen Sie mir: Wenn der Mensch den Teufel hervorbringen konnte, konnte er dann auch den Himmlischen Vater hervorbringen?"

85. "Die Wahrheit wird nicht gleichzeitig in der Menge geboren, um dann zu einem zu kommen.

86. Die Wahrheit entspringt Einer Quelle, um dann zu vielen zu kommen."


87. Eine traurige Frau aus St. Petersburg erzählte Vissarion über das unerwartete Ende des Lebens ihres Sohnes Leonid.

88. Leonid war ein Bekannter von Taana und hatte Vissarion mit ganzem Herzen angenommen, noch bevor es zu einer Begegnung mit dem Lehrer kam.

89. Während der Sommerreise Vissarions nach St. Petersburg hatte Taana Leonid und seiner Mutter gesagt, dass dieser nicht zum Treffen gehen dürfe.

90. Nach der Ansprache war es Leonid schwer ums Herz geworden wegen der wilden Auftritte der Anhänger der 'Jungfrau Maria', die den Lehrer verdammt hatten und die versucht hatten, Sein Wort zu unterbrechen.

91. Und Leonids Mutter hatte sich wieder an Taana gewandt und hatte von ihr gehört: "Ich sagte doch, ihr sollt nicht zu Vissarion gehen. Und er soll nicht das Gebet des Einheitlichen Glaubens aufsagen, sondern das 'Vaterunser'."

92. Und sie sagte ebenfalls: "... Leonid soll das Leben verlassen, so sagt es Gott ... ... ich sehe die Ziffer zwei - es kommt also zu Veränderungen ... ... man ist bereits zu ihm gekommen ..."

93. Zwei Tage danach hatte er begonnen, mit jemand Unsichtbarem zu reden, er brach den Kontakt zur Umwelt ab, sein Verstand schaltete die gewöhnliche Welt aus, seine Handlungen wurden unkontrolliert.

94. In der Psychiatrie hatte Leonid begonnen, die Stimme Taanas zu hören und noch irgendeine Stimme, die ihn irgendwohin rief.

95. Nachdem er das Krankenhaus verlassen hatte, warf er sich aus dem fünften Stock ...

96. Und es sagte der Lehrer zu Leonids Mutter: "Wenn du einmal das von Gott Gesagte gefunden hast, so gib dich der Wahrheit ganz hin.

97. Die letzten Tage deines Sohnes, das waren Erscheinungen auf der unbewussten Ebene.

98. Seine Seele traf in diesen Momenten keine Wahl, denn sein Verstand befand sich im Zustand der Kontrolle von außen. Die Seele hatte ihre Wahl bereits getroffen und sich zum Licht bewegt.

99. Er wird keinen Tod mehr erleiden, er ist in die Ewigkeit geschritten."


100. Und es kamen zum Lehrer Olga und ihre Freunde, mit denen sie gemeinsam Botschaften des Weltalls empfangen hatte und die eine Vereinigung der geistigen Wege anstrebten.

101. Olga sagte: "Heute setzt man Hoffnung auf die Träger des Geistes und des Lichtes des Vaters, alle hellen Wege und Kräfte müssen sich vereinen. Eine einheitliche Sonne muss erstrahlen."

102. Der Lehrer erwiderte: "Jeder sieht das Gesagte durch das Prisma seines Verständnisses und seiner Erfahrung. Deshalb kann sich auch das Unverständnis unbemerkt einschleichen."

103. "Doch auf der ätherischen Ebene sind wir alle eine Einheit", sagte einer der Freunde Olgas.

104. "Um sich auf der ätherischen Ebene zu vereinen, muss man den Körper verlassen.

105. Doch um sich im menschlichen Leben zu vereinen, muss man die Wahrheit annehmen, Die für alle die Eine ist", antwortete Vissarion ...


106. Und zum Dreikönigsfest wurde dem Lehrer von den Anhängern der Wahrheit ein Evangelium in einer alten Ausgabe in altslawischer Sprache geschenkt, in einem massiven Ledereinband mit großen Metallverschlüssen.

107. Vissarion nahm das Buch vorsichtig und hielt es lange in der Hand, während Er mit der Seele die jahrhundertelange Geschichte dieses Buches berührte, das durch das Leben vieler zu Ihm gelangt war.