Vadim 4

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  Kapitel 28  

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Frankreich ~ Tours ~ Francisco de Paolo ~ Paris ~ Diebstahl des gesamten Gepäcks ~ Der Weg zum Eiffelturm

1. Das wunderbare Frankreich erschien vor dem Blick der Reisenden mit grünen Wiesen, Schlössern und Weinbergen. Am frühen Morgen trafen sie in Tours ein - der Stadt der französischen Könige.

2. Die Stadt empfing den Menschensohn durch den Präsidenten der Organisation "Euroatlant", Jean Bruno, einem durch seine Anteilnahme und Rechtschaffenheit bemerkenswerten Menschen.

3. Bruno war aufrichtig an dem Geschehen in Russland interessiert, dass dort eine Großgemeinschaft entstand, wobei eine ihrer Grundlagen die Erziehung der Kinder sein würde.

4. Gleich während der ersten Minuten des Kennenlernens begegnete Bruno Vissarion mit bebender Achtung und anerkannte die Autorität Seiner Worte. Doch der tiefe, direkte Blick des Lehrers verwirrte ihn.


5. Am Abend gab es im Hause von Bruno ein Abendessen und ein Gespräch mit seiner Familie und der Familie seines Freundes.

6. Und Bruno und sein Freund baten darum, dass der Lehrer ihnen einige Worte, von Seiner Hand geschrieben, zum Andenken an das Zusammentreffen zurücklassen möge.

7. Und gemäß ihrem Wunsch wurde ihnen gegeben, um ihr Handeln mit großer Kraft zu erfüllen.

8. Und Bruno beschloss, eine Bekanntmachung für seine Freunde im Europäischen Parlament vorzubereiten und später, falls ein gegenseitiger Wunsch bestehe, Vissarion zum Auftreten vor dieser Organisation einzuladen.


9. Bruno liebte und verehrte den mittelalterlichen Heiligen Francisco de Paolo. Das Andenken an sein Leben und seinen Geist begleitete die Reisenden in den Tagen ihres Aufenthaltes in Tours.

10. Das Leben von Francisco, sein Erreichen der göttlichen Wahrheiten verknüpften sich mit dem jetzigen Geschehen, denn schon vor einigen Jahrhunderten hatte Francisco mit seinem demütigen Leben eine Gemeinschaft um sich geschaffen, die so leben wollte wie er.

11. Francisco lebte in Arbeit und Gebet, in einem ständigen Zustand des Fastens, ernährte sich nur von pflanzlicher Nahrung und bearbeitete die Erde mit den Händen. Die Nacht über bettete er sich auf Weinreben.

12. Die französischen Könige wünschten sich mit ihm zu treffen und nahmen mit großer Freude den kurzen Kontakt mit dem nicht sehr gesprächigen Francisco hin.

13. Nachdem sich der römische Papst mit dem Leben von Francisco und seinen Brüdern bekannt gemacht hatte, war er erstaunt über die Beschränkung auf bescheidene pflanzliche Nahrung und meinte, dass sich ein Mensch so nicht ernähren könne.

14. Und Francisco erwiderte, dass, wenn es Glauben gebe, der Mensch ihn auch anwenden könne ...

15. Und der Lehrer sagte, dass Francisco vor vielen Jahrhunderten mit seinem würdigen Leben das erfüllt hätte, was heute allen, die das Licht der Wahrheit erkennen wollten, bevorstehe zu erfüllen.

16. Und dass es weh täte zu sehen, wie Menschen, die ihre Heiligen Brüder verehren, die vieles verwirklicht haben, dennoch das Böse weiter vermehren, ähnlich jenen Unglücklichen, die zwar mit Achtung vom Gärtner reden, aber in einer großen Schar das Beet zertreten, das er gepflanzt hat.


17. Am 7. Juni 1994 geschah etwas Ungewöhnliches. Vor dem Menschensohn öffnete sich das Haupttor der Kathedrale in Tours. Bis zu diesem Augenblick und auch danach war die Kathedrale geschlossen, die unter ihrem Gewölbe nicht nur einen französischen Monarchen empfangen hatte.

18. Und die Tore waren durch die Hände von Jean Bruno geöffnet worden, der den Reisenden die alte Geschichte der Kathedrale erzählte, deren Grundmauern die Römer schon in den ersten Jahrhunderten nach der Geburt Christi gelegt hatten.

19. Am nächsten Tag zeigte Bruno den Reisenden das Kloster, das von Francisco de Paolo gegründet worden war.

20. Zur heutigen Zeit war von dem Kloster nur wenig übrig geblieben: nur einige Wände und fruchtbare Erde, die bis heute sorgsam bearbeitet wird.

21. Und dort steht eine einsame Kapelle, unter deren Gewölbe, im tiefen Fundament, der Körper von Francisco ruht.

22. Und die Reisenden verneigten sich vor dem Staub des würdigen Menschen. Und sie fühlten, dass sein Geist, der ihnen verwandt und nahestehend war, bei ihnen war.

23. Und der Lehrer bat, Ihn allein in der Kapelle zurückzulassen. Und die Gekommenen erfüllten Seinen Willen und ließen Ihn mit Francisco allein.

24. An einem der nächsten Tage war die Zeit gekommen, Tours und Jean Bruno zu verlassen, der in diesen Tagen für die Reisenden zum Verwandten geworden war.

25. Die Herzen verkrampften sich unter Tränen, und Bruno blieb auf dem sich schnell entfernenden Bahnsteig zurück.


26. Die Reisenden wollten sich eigentlich nur für zwei Stunden (bis zur Abfahrt des Zug nach Brüssel) in Paris aufhalten. Doch das Zusammentreffen mit Paris sollte sich ganze Tage hinziehen.

27. Denn den Reisenden wurde die Tasche mit den Fahrscheinen für den Zug, den Pässen, der Videokamera und dem Heft mit den Aufzeichnungen von Vadim gestohlen.

28. Diese unerwartete Wendung des Tages brachte die Schüler, die dem Christus folgten, in einen unterschiedlichen Zustand.

29. Wladimir erging sich in Selbstbeschuldigungen wegen seiner Unachtsamkeit und Zerstreutheit, denn er war bei den Taschen zurückgeblieben, als die anderen losgegangen waren, um Nahrungsmittel einzukaufen.

30. Vadim konnte sich mit dem Verlust seiner Reiseaufzeichnungen nicht abfinden und geriet für den ganzen Tag in den Zustand einer mehr als nur kindlichen Niedergeschlagenheit.

31. Walerij sagte: "Das hätte man erwarten können!"

32. Maria aber freute sich darüber, dass man sich nun länger in Paris aufhalten würde.

33. Und der Lehrer nahm alles wie das Notwendige hin und lächelte dem neuen Abenteuer entgegen.


34. Und nachdem man in der russischen Botschaft die Papiere ausgestellt hatte, die bis zur Abfahrt aus Frankreich die Pässe ersetzten, schritten die Reisenden in das abendliche Paris, zum Eiffelturm.

35. Der Weg war weit, doch angesichts der wunderbaren, feinfühlenden Stadt bemerkten sie es kaum.

36. Walerij und Vadim gingen voraus und fragten nach dem Weg zum Turm. Wladimir und Maria gingen neben dem Lehrer.

37. "Vissarion, warum gehst Du so langsam, bald wird es dunkel werden?", fragte Maria.

38. "Die Wahrheit kann nicht langsam oder schnell gehen. Sie geht so, wie Sie muss!", antwortete der Lehrer.


39. Indem sie den Hinweisen der Passanten folgten, begaben sich die Reisenden auf einen langen Weg zum Turm, doch dann fanden sie sich plötzlich auf dem Weg wieder, auf dem sie gekommen waren.

40. Und nun, als Walerij und Vadim erneut einen Vorübergehenden nach dem Weg zum Eiffelturm gefragt und eine konkrete und, wie ihnen schien, ausführliche Antwort bekommen hatten, wandte sich der Lehrer plötzlich einer anderen Straße zu und folgte ihr entschlossen.

41. Vadim und Walerij winkten mit den Händen und versuchten anzuzeigen, dass der Turm zur anderen Seite liege, dass der Lehrer also nicht in die richtige Richtung gehe.

42. Doch der Menschensohn entfernte sich zusammen mit dem Ihm folgenden Wladimir in die gewählte Richtung.

43. "Vissarion! Der Turm ist dort, hinter uns! Wohin rennst Du? Komm, warten wir auf die Kameraden", sagte aufgeregt Maria.

44. "Die Wahrheit wird auf niemanden warten", sagte der Lehrer ohne anzuhalten.

45. "Wenn die Wahrheit aufgerufen hat, muss man alles liegen lassen und Ihr folgen!"

46. "Doch wir werden uns verlieren! Wo finden wir uns dann? Das sind schließlich unsere Freunde!", begann sich Maria zu erregen.

47. "Wenn die Schüler hinter der Wahrheit zurückbleiben und Ihr nicht folgen, so sollen sie bleiben, wo sie sind", erwiderte Vissarion.

48. "Und wenn sie umkommen?"

49. "Dann sollen sie umkommen!"

50. "Es reicht, halt an, ich lasse Dich nicht weiter!", rief Maria empört aus und versperrte dem Menschensohn den Weg, wobei sie Furcht vor ihren eigenen Worten überkam.

51. Zwischen Wladimir und Maria entbrannte eine erregte Auseinandersetzung.

52. "Wenn das so ist, dann gehe ich zu ihnen!", sagte Maria nervös und herausfordernd zu Vissarion.

53. "Dann drehe dich schnell um und geh!", sagte der Lehrer streng.

54. Maria drehte sich um, trat aber auf der Stelle.

55. Walerij war in der Zwischenzeit den Davongehenden gefolgt, in der Hoffnung, ihnen den richtigen Weg zeigen zu können.

56. Vadim aber war zurückgeblieben und wartete, doch dann beschloss er schnell, dass es unsinnig sei, stehen zu bleiben und auf die Wahrheit zu warten, Sie würde doch nicht zurückkehren und wenn man Sie einholen wollte, so musste man sich beeilen ...

57. Nach kurzer Zeit erschien der Eiffelturm vor dem Menschensohn ...


58. Vorerst endeten damit die Lehren, denn die Schüler hatten die vorhergehenden noch nicht begriffen.

59. Und der Weg ging über Brüssel, Deutschland und Polen nach Moskau.