Vadim 4

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  Kapitel 30  

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Ihr lebt Auge in Auge mit Gott

1. In den nächsten zwei Tagen fanden Zusammenkünfte mit dem Lehrer in Kurágino und in Malaja Minusa statt.

2. In Malaja Minusa nahm das Tempelhaus zum ersten Mal Menschen auf, und es gab märchenhafte Minuten des Erklingens des Wortes in dem neuen wohlriechenden Haus unter dem rauschenden Sommerregen.


3. Und in diesen Tagen wurde gesagt: "Jegliches Jammern - ist der Versuch, das Vorgehende zu verurteilen und das Los eines unwissenden Menschen."


4. "Wenn eine Ameise beginnt, viel über das Geschehen nachzudenken, so begeht sie eines Tages Selbstmord, weil sie nicht einen Balken tragen kann, so wie das ein Elefant tut."


5. "Eure Lehre - das ist nicht nur, wenn ihr die Wahrheit in euch aufnehmt, sondern wenn ihr versucht, Sie mit euren Taten zu verwirklichen."


6. "Vermehrt eure Wachsamkeit, vermehrt sie tausendfach.

7. Und denkt daran! Ihr lebt Auge in Auge mit Gott. Ihr seid berufen, immer daran zu denken, bei jedem eurer Schritte: Ihr seht euren Vater von Auge zu Auge!"


8. "Ihr formt euch zwar als Gemeinschaft, da ihr aber aus der Welt gekommen seid, habt ihr naturgemäß auch eure Krankheit mit hierher gebracht, die ihr in der Welt bekommen habt. Diese Krankheit besteht darin, dass ihr während eures Umgangs miteinander ungewollt bestimmt habt, wer unter euch die Führung hat und wer die Untergeordneten sind.

9. Diese Fähigkeit, eure Nächsten in bestimmte Niveaus einzuteilen, ist ein natürliches Ergebnis eurer kranken Erfahrung, die ihr aus der kranken Gesellschaft mitgenommen habt.

10. Und wenn ihr, bei bestimmten Umständen, euch innerlich dem von euch bestimmten Niveau nähert, so wird dieses Niveau für euch teurer werden, und zu allen anderen werdet ihr euch bereits anders verhalten.

11. Und dann versucht ihr unter jenen, denen ihr näher steht, Gleichgesinnte zu finden in dem Bestreben, andere, die oftmals berufen sind, Größeres zu schaffen, sich aber auf einem anderen als eurem Niveau befinden, irgendwelcher Fehler und böser Absichten zu überführen.

12. Wie einfach ist es, jemanden zu überführen - und wie abscheulich!

13. Wenn es um Geldfragen geht, beginnt der Mensch viel zu streiten und zu neiden, er versucht abzuurteilen, versucht zu rechnen. Und wo ist das Vertrauen?!

14. Wenn ihr eurem Lehrer vertraut, lohnt es dann, viel aufzurechnen? Geht voran, der Lehrer weiß alles, was hier vor sich geht.

15. Doch sich sofort zu berichtigen ist unmöglich, ihr werdet euch nur mit der Zeit berichtigen.

16. Euch wurde enorme Kraft gegeben, eine Kraft, durch die ihr berufen seid, glücklich zu sein. Selbst wenn ihr alles andere verliert, selbst wenn ihr alles einbüßt, ihr habt doch das Leben!

17. Vor euch ist die Wahrheit, Die berufen ist, euch zu nähren und dies ist das höchste Glück! Das müsst ihr würdig einschätzen!

18. Und wenn jemand hierher gekommen ist, um jemanden zu betrügen, so wird ihm in der Zukunft der Staub bereitet. So vergleicht euch nicht mit ihm und seid würdige Kinder eures Vaters!"


19. "Nehmt die immense Verantwortung auf euch! Ihr müsst daran denken, dass sich eure Hände in der Regel chaotisch in verschiedene Richtungen bewegen.

20. Bedenkt jetzt, dass in euren Händen ein Hammer ist, über den früher nicht gesprochen worden ist, und dieser Hammer beinhaltet ein Wirkprinzip: entweder er baut etwas auf oder er zerstört etwas.

21. Und wenn ihr würdig den Willen Gottes ausführt - werdet ihr aufbauen, Holz in Holz schlagen, ihr werdet Stein auf Stein legen, und wunderbare Bauten werden sich zu den Wolken erheben mit goldenen Kuppeln.

22. Doch sobald ihr euch von der Wahrheit entfernt, sobald ihr auch nur ein kleines Stückchen von ihr abweicht, wird sich die Bahn eures Hammers schnell ändern und sich nur auf eine Stelle richten: auf den Kopf des Nagels, der auf das Herz der Wahrheit gerichtet ist, der auf das Herz eures Lehrers gerichtet ist. Bedenkt dieses!"


23. "Die Zeit wartet nicht, sie ist rau. Und heute verkünde Ich euch: Auf der Erde wurde der vierte Becher der gewaltigen Vergeltung entleert, wovor in der Schrift gewarnt wurde.

24. Weshalb euch heutzutage die Sonne verbrennen wird, und kein Mensch wird den Geschwüren entgehen, die sein Fleisch bedecken werden, wenn er nachlässig ist und den Willen seines Vaters unwürdig erfüllt."


25. "Es ist ein großartiges Wunder, dass euch gerade in diesem Land das Leben gegeben wurde. Denn der Wohlstand, der scheinbar außerhalb Russlands besteht, ist eine Illusion.

26. Eine Illusion, die man bildlich darstellen kann wie eine Windstille über dem Meer, das glatt wie ein Spiegel ist, und wo ihr jene unter dem Wasser liegenden Felsen, die sich dicht an der Oberfläche befinden, nicht seht.

27. Ihr seht ein wunderbares, erstaunliches Meer! Was für eine wundervolle Landschaft! Doch es reicht, wenn sich Kräusel bilden, das Meer ein bisschen in Erregung gerät - und schon erscheinen in den Zwischenräumen zwischen den Wellen Zacken.

28. Wenn der Sturm zunimmt, so werden große, kalte, scharfe Klippen ihre Existenz offenbaren.

29. Das wird ein schreckliches Schauspiel, und jedes kleine Boot, das in diesen Sturm gerät, wird an den scharfen Klippen zerschellen.

30. Deshalb, solange es keinen Sturm gibt - das aber wird vom materiellen Wohlstand bestimmt, der den Menschen in eine falsche Ruhe versetzt - bis dahin wird alles in Ordnung sein.

31. Aber wenn es im Leben einen Riss gibt, verliert der Mensch schnell das Lächeln und beginnt sehr heftig die eigenen Interessen zu verteidigen, ohne sie würdig den Interessen seines Nächsten gegenüberzustellen, um das Geringere zu opfern, selbst wenn es das eigene ist, im Namen des Größeren beim Nächsten."


32. "Ihr müsst demütig sein und würdig jenes erfassen, was von Gott gegeben wurde.

33. Und kümmert euch nicht um das Gericht der Zeiten, das Gericht des Weltalls, das strenge Gesetze aufstellt.

34. Denn jener, der unwürdig das von Gott Gegebene erfüllt, wird vom Antlitz der Erde getilgt. Er fällt sehr schnell, und es wird seine Wahl sein, er wird die Früchte seines Weges kosten ..."


35. Und die Zuhörer von Gottes Wort im Tempelhaus in Malaja Minusa riefen aus: "Lehrer! Am Himmel ist ein Regenbogen!"

36. "Wie sollte es auch anders sein? Das Wetter ist heute erstaunlich, wundervoll! Solche Regenfälle, das ist so eine Freude!

37. Man kann sie nur mit Freudentränen vergleichen, die sich auf eure Stirn ergießen, weil ihr zusammen seid, weil ihr euch sammelt und aufrichtig versucht, den Willen Gottes zu erfassen.

38. Doch bei einigen kommt der Gedanke: 'Vielleicht sollten wir uns sammeln und die Regenwolken vertreiben!'

39. Natürlich, das kann man tun, doch bedenkt die Weisheit: Ein Zauberer verausgabt nie umsonst seine Wunderkraft, er demonstriert sie nicht und verwendet sie nur dann, wenn darin eine äußerste Notwendigkeit besteht.

40. Doch wenn keine äußerste Notwendigkeit besteht, so nehmt die Naturerscheinungen wie die größte Gabe hin, als ihr Wunsch, euch mit ihrem reinen Nass zu reinigen und manchmal eure Stirn mit kristallenen Schneeflocken zu schmücken."