Vadim 5

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  Kapitel 23  

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Besuch im Tempel der Bahai

1. Am Abend waren die Reisenden bereits in Delhi.

2. Am neuen Tag aber schritten sie unter dem Gewölbe des Hauses zur Verehrung des Bahai - einem Tempel, der geweiht worden war im Namen der Einheit Gottes, der Einheit aller Religionen, der Einheit der Menschheit und dessen Form einer schneeweißen Blume ähnelte - einem Lotus, dem Symbol der Reinheit.

3. Der Tempel ist in einem schönen Parkviertel von Neu-Delhi gelegen, abseits von der Geschäftigkeit und dem Lärm der großen Stadt.

4. Das Haus der Verehrung ist von neun Wasserbecken umgeben und hat neun Seiten - neun Blütenblätter, die mit dieser Ziffer die Ganzheit und Einheit symbolisieren.

5. Die Weltreligion Bahai geht von der Einheit Gottes aus und erkennt die Einheit Seiner Propheten an. Bahai meinen, dass alle Religionen von Einem Gott zu verschiedenen Zeiten gegeben wurden, an verschiedenen Orten, in Abhängigkeit von den Bedürfnissen und den Möglichkeiten der Menschen.

6. Und die Reisenden ließen sich in der Bibliothek des Tempels nieder, und die Schüler berührten mit ihrem Bewusstsein die Religion Bahai, denn in ihren Händen befanden sich die Bücher der Gründer dieser Religion, die auch in Russisch herausgegeben worden waren.


7. Und Vadim wandte sich an den Lehrer mit den Worten: "Sai Baba redet auch von der Einheit der Religionen, lässt aber zu, dass jeder Gläubige im Rahmen seiner Religion und seiner Sakramente verbleiben kann."

8. Und der Menschensohn sagte Sein Wort: "Eine Menge von Aufstiegswegen anzuerkennen, ist ein Merkmal der Unkenntnis der Wahrheiten des menschlichen Daseins und der Besonderheiten des Gesetzes des Glaubens, nach dem gerade der Mensch und nur er berufen ist, sich zu entwickeln.

9. Denn alles, was aus Einer Quelle geboren worden ist, ist nur unter den Bedingungen der richtigsten Auslegung und der Erfüllung der Wahrheiten dieser Quelle fähig, die harmonischste weitere Entwicklung zu erlangen.

10. Unter den Bedingungen der unendlichen Vielfalt und der Einzigartigkeit von allem Entstehenden im unermesslich weiten Universum kann nur Eine Auslegung aus einer beliebigen Menge von Auslegungen der umgebenden Einzigartigkeit der Wahrheit, Die dieses Dasein hervorbringt, am nächsten kommen. Die andere wird etwas schlechter sein, die dritte - noch schlechter usw.

11. Und da der Große Vater des Menschengeschlechts sich nicht in begrenzte Gesetze kleidet und auf die Erde kommt, so schickt Er Seinen einzigen Sohn, damit Er Seine Kinder unterweisen kann und sie zum einheitlichen, besten Verständnis Seiner Wahrheiten führt,

12. Damit die Quelle der Wahrheit, die auf ein bestimmtes Verständnisniveau abgestimmt ist, eine einzige sei.

13. Denn wenn auf der Erde gleichzeitig wenigstens zwei gleichbedeutende Quellen erscheinen, die in ihrem Wesen die einheitliche Wahrheit des sie aussendenden einheitlichen Vaters beinhalten, so werden bestenfalls im Endeffekt, bei beliebigen besten Wünschen, zwei menschliche Familien entstehen,

14. Wo der einen Familie die eine Quelle lieber ist, der anderen aber die andere Quelle lieber ist.

15. Der Versuch aber, Eine einige Familie der Kinder des Einen Gottes zu schaffen, endet mit wenigem.

16. All das wird natürlich sein, wenn man die Besonderheit des Menschen mit einrechnet.

17. Deshalb kann nur jemand, der diese Besonderheit nicht kennt, eine Vielfalt verschiedener Quellen zulassen.


18. Nicht nur der Mensch selbst befindet sich bisher in Unkenntnis der Sakramente des wahren inneren Wesens des Menschen, sondern auch, umso mehr, der ganze bewegliche Verstand des Alls,

19. Dessen Vertreter auf ihre Weise versucht haben und versuchen, dem Menschengeschlecht zu helfen, sowohl durch einen bestimmten Propheten, der auf das Bewusstsein der umgebenden Gesellschaft einwirkt, als auch durch ein unmittelbares Auftreten auf der Erde in der Eigenschaft eines Avatars, der sich als die Erscheinung Gottes auf Erden ausgibt.

20. Das wahre Wesen des Menschen aber kennt nur der Himmlische Vater, Der es geschaffen hat, weshalb nur Sein einheitliches Wort, das im Fleisch des Menschensohnes auf die Erde kommt, den einzigen richtigen Weg erleuchten kann.

21. Das Sakrament dieser Wahrheit ist bereits einmal im israelischen Land offenbart worden, was sich in einigen Aussagen in den Seiten der Heiligen Schrift niedergelegt hat.

22. Und den Alten ist gesagt worden: 'Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; keiner kommt zum Vater außer durch Mich.' (In Joh. 14,6 sagt Jesus dies zu Thomas auf seine Frage: "Herr, wir wissen nicht, wo du hin gehst; und wie können wir den Weg wissen?" - Anm. d. Übers.)

23. Und den Zuhörern ist damals auch gesagt worden: 'Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind; auch sie muss Ich führen, und sie werden auf Meine Stimme hören; dann wird es nur eine Herde geben und einen Hirten.' (Joh. 10,16 - Anm. d. Übers.)

24. Und als Jesus ein Gebet für die zurückgelassenen Jünger schuf, so erklangen die Worte: 'Sie sollen eins sein: Wie du, Vater, in Mir bist und Ich in Dir bin, so sollen auch sie in Uns sein ...' (Joh. 17,21 - Anm. d. Übers.)

25. Kann aber in der Einheit des Sohnes und des Vaters in Seinem Wesen wenigstens eine winzige Unstimmigkeit bestehen?

26. So achtungsvoll sich auch die Gläubigen verschiedener Wege zueinander verhalten mögen, die Erfassenden werden bei jeglicher Berührung untereinander von ihren Begriffen über die Wahrheit unausbleiblich zu verschiedenen Seiten auseinander gehen.

27. Wenn die Gläubigen aber unter sich geteilt sind durch verschiedene Begriffe von der einzigen Wahrheit, so sind sie verschiedensprachigen Herzen ähnlich.

28. Verschiedensprachige kann man zwar zusammenbringen,

29. Doch um Eine Familie zu schaffen, die fähig ist, ein harmonisches gemeinsames Leben zu führen und zur gemeinsamen Schaffung großartiger Werke, benötigt man Eine Sprache, Einen einheitlichen Geist und Ein einheitliches Verständnis."