Nur ein im Geiste einiges Volk hat eine Chance auf Rettung
1. Der nächste Tag brachte erneut Sonne und den Geruch des Meeres. Windstille, auf dem durchsichtigen Wasser gingen die Sonnenspieglungen ineinander über. Vissarion war am Meer, in Gedanken versunken: Ihn erwartete der Auftritt auf dem Kongress. Der Lehrer musste entscheiden - sollte Er sich an die Versammelten wenden oder nicht ...
2. Zu Beginn der zweiten Stunde des Tages wurde ein Wort des Lehrers an die Teilnehmer der geistigen Versammlung offenbart:
3. "In der Regel fahrt ihr nicht als Suchende hierher - ihr fahrt hierher als solche, die gefunden haben, und legt eure Ware aus.
4. Ihr zeigt das, was ihr erreicht habt, ihr freut euch über das, was ihr schon besitzt. Das bringt euch in gewissem Maße Glück. Ihr seht darin vor allem eure eigene Erlösung. Und natürlich, ihr habt die gute Absicht: mit euren Nächsten so ein Sakrament zu teilen.
5. Wenn Kaufleute auf den Markt fahren, bringen sie verschiedene ihrer Waren mit. Doch so ein Handel geht nach einem ganz anderen Gesetz vonstatten. Ihr aber bringt eine Ware mit euch, die mit eurem Geist verbunden ist. Das ist ein ganz anderes Sakrament.
6. Die günstigste Atmosphäre, das mit jemanden zu teilen, was ihr mit euch bringt, kann es nur dort geben, wo es Wünschende gibt, etwas Gutes zu finden. Dafür muss es Suchende geben.
7. Mein Wunsch, vom Standpunkt einer vernünftigen Überlegung ist - geistige Konferenzen nur bei freiem Zugang und bei Anwesenheit jener Wünschenden zu organisieren, die vor allem an dem Ort wohnen, wo so ein Kongress stattfindet.
8. Nach ausreichender Bekanntmachung unter der Bevölkerung kann dann jeder Mensch von der Straße in jedem Moment den Kongress besuchen und sich einfach mit jenen wunderbaren Personen bekannt machen, die es auf dem Kongress gibt und die irgendeinen ihrer Wege zeigen.
9. Und dann erscheint wenigstens bei jenen, die noch nichts gefunden haben, eine geringe Hoffnung, wenigstens etwas zu finden, sich von dem Dreck zu lösen, in den viele eurer Mitbrüder jetzt fallen.
10. Wenn aber nur jene ankommen, die schon gefunden haben, so benötigen sie nichts mehr. Für sie ist die Hauptsache - aufzutreten, sich zu zeigen, dann kann man wieder gehen. Ihr aber benötigt nicht das, was ihr euch gegenseitig überbringt ...
11. Die Neigung des Menschen zu einer gewissen Absonderung, der Wunsch, bei einer großen Tätigkeit in Erscheinung zu treten, eine große, bedeutende Rolle zu spielen, die Neigung zum Heldentum bleibt in fast jedem von euch erhalten.
12. Denn die ganze Zeit der Existenz der Stärke, des Drucks, wo jener vorwärts kommt, der größere physische Möglichkeiten hat, einen schärferen Verstand, ein raues Herz, wo jener, um sein eigenes Ziel zu erreichen, auf alles treten kann, was sich vor seinen Füßen befindet - diese Zeit offenbart natürlich auch jenen, der es so nicht tun konnte, und auf den man folglich mit dem Fuß getreten ist, den man zur Seite geschoben hat, der schwach am Körper, im Geist und im Willen geworden ist.
13. Wie kann jener mehr erreichen? Schließlich möchte er all das ebenfalls haben. Doch er sieht keinen Weg dorthin. Und dann entsteht ein bestimmter Zusatz zur Psyche des Menschen, die mit der Zeit, bei eurer neuen Geburt, in eurem Unterbewusstsein zu wirken beginnt und von euch verlangt, irgendwie in Erscheinung zu treten, euch zu beweisen.
14. Und dann entsteht die natürliche Begierde zur Fahnenstange, die man ergreifen muss und wo man allen vorangehen muss und dabei scheinbar allen hilft und den Menschen Gutes wünscht. Doch das ist natürlich vor allem der Wunsch, sich an einer sichtbaren Stelle zu befinden. Und das gibt es in allen Sphären des menschlichen Lebens.
15. Wenn wir jetzt geistliche Sphären (verschiedene Glaubensrichtungen - Anm. d. Übers.) berühren - so sehen wir, alles birgt sich in demselben. Und zwar in der Neigung des Menschen dazu, sich abzusondern, nach der Bestätigung zu suchen, dass sein Weg irgendwie besonders ist; und dieser Weg ist dem Menschen sehr teuer, und er hält ihn natürlich für besser als den der anderen.
16. Denn andernfalls, wenn der Mensch sehen würde, dass der Weg eines anderen besser ist und dies selbst verstehen würde, so würde er natürlich aufstehen und dorthin gehen. Doch nein, er hat prinzipiell das Wertvollste angenommen und glaubt, dass dies - das Beste ist und dass dies alle besitzen müssen. Und er wird zu einer Art Dogmatiker. So sind Dogmen entstanden und haben begonnen zu existieren.
17. In Wirklichkeit sind Dogmatiker - Tote, die über das Leben reden. Denn das Leben geht bei ihnen nicht vorwärts, sie bleiben an dem einst eingeschlagenen Pflock stehen und gehen im Kreis um ihn herum ...
18. Die Entwicklung des Geistes setzt ganz andere Gesetze voraus, wo ihr alle unter gleiche Bedingungen gestellt seid, wo keiner von euch das Recht hat, in dieser Sphäre ein großes Talent in sich zu offenbaren.
19. Auf der Erde seid ihr gerade auf dem Gebiet des Geistes nach dem Willen Gottes unter gleiche Bedingungen gestellt, wo jeder von euch Fehler machen wird, suchen wird, finden und erneut straucheln wird. Doch dieser Prozess wird ewig währen, und keiner kann sich als Fähigster hervorheben, die geistigen Wahrheiten zu bestimmen.
20. Ein kleiner Hinweis in diese Richtung wurde im Neuen Testament gegeben, als gesagt wurde, dass nur Einer der Lehrer sein kann, Er ist das Wort Gottes, und dass ihr keine anderen Meister und Anleiter habt. Auf geistigem Gebiet unterliegt ihr immer gleichen Bedingungen.
21. Ihr könnt Anleiter in einem Beruf sein, in einer Meisterschaft, in der Kultur.
22. Ein Handwerksmeister, der mehr erreicht hat, kann natürlich seine Lehrlinge aufgrund jener Erfahrung anleiten, die er selbst erworben hat.
23. Doch was hat der Mensch an Erfahrung auf geistigem Gebiet, wenn er Tausende von Jahren lebt und dabei über Wunderbares nachdenkt, aber jede Sekunde auf der ganzen Erde Blut vergossen wird!
24. Ihr redet von scheinbar wunderbaren Errungenschaften, weil jemandem irgendetwas offenbart wurde, weil Botschaften angekommen sind ...
25. Aber, abgesehen von euch, gab es doch Weltkulturen, die seinerzeit noch Größeres als ihr hervorgebracht hatten, die Morde aber sind weitergegangen. Es hat ja schließlich die gleichen medialen Kontakte gegeben, man erhielt die gleichen Botschaften - wunderbare und faszinierende Botschaften, welche mächtige Wege offenbart haben.
26. Doch die Menschen haben sich abgesondert, sie haben sich in verschiedenen Gruppen verbunden, sie haben das Weltkulturen genannt, aber in Wirklichkeit sind sie Fremde auf der Erde geblieben.
27. Bei Gläubigen gibt es im Allgemeinen ein wunderbares Verhältnis zueinander. Doch solange ihre Interessen gegeneinander stoßen, werden sie nie ein einiges Volk werden, weil in ihrer Wurzel, innerlich - die Legende über die Wahrheit bei allen verschieden ist.
28. Um jetzt über eine Rettung des Menschen zu sprechen - schließlich möchte jeder die Erlösung finden - ist es vor allem notwendig, dass der Mensch versteht: Solange er im Geist kein einiges Volk wird, kann man nicht von einer Rettung sprechen, es ist einfach sinnlos.
29. Und in erster Linie beginnt ein Krieg gerade im Geist, der sich dann nach außen ergießt und unkontrollierbar wird, und bis zur heutigen Zeit töten die Menschen einander.
30. Obwohl auf der Erde erstaunliche Schriften existieren, die von den Menschen geehrt und aufbewahrt werden, gehen sie doch auf die Straße und streiten weiter untereinander.
31. Und es zeigt sich, dass der Mensch den Glauben nicht auf der richtigen Seite sucht: Er versucht, Gott mit falschen Methoden, mit einem falschen Herangehen zu ehren.
32. Schließlich ist Glaube - das Leben des Menschen. Der Glaube ist das Gesetz seines Lebens, das ist das Gesetz des vollen Vertrauens zu Gott, wo nicht die Gedanken des begrenzten Bewusstseins über die ewigen Wahrheiten in Erscheinung treten, sondern die Fähigkeit, bescheiden und demütig das von Gott Bestimmte zu erfüllen. Ihr tut das, indem ihr dem Nächsten euer Herz durch die Hände hingebt, gerade durch die Hände, damit ihr Ebenbilder des Schöpfers seid. Ein Ebenbild des Schöpfers zu sein bedeutet, schöpferisch tätig zu sein ...
33. Man darf keine geistige Uneinigkeit auf dem Weg der Ewigkeit schaffen, sonst entgeht ihr dem Streit nie.
34. Eben deshalb wird der Mensch nicht in die Ewigkeit zugelassen, sondern es wird ihm viele Male die Möglichkeit gegeben, auf die Erde zurückzukehren, seinen eigenen Fehler neu zu überdenken, sein Verhältnis zum Glauben, warum er sich im Verhältnis zu den Nächsten so erhöht hat beim Philosophieren über das Große. Der Mensch muss zur Einigkeit kommen, damit er aufhört, über Differenzen im Glauben zu reden.
35. Die Streitigkeiten über den Glauben sind absurd: Der Mensch streitet über etwas, was er nicht kennt, denn das Gespräch geht um die Ewigkeit und um die Zukunft.
36. Der Begriff des Einheitlichen Glaubens führt den Menschen von den Streitigkeiten um den Glauben fort und schafft wunderbare Möglichkeiten, alle seine schöpferischen Anstrengungen darauf zu richten, mit seinen Händen das herzustellen, was die Nächsten äußerst dringend benötigen. Und dann versinkt der Mensch in der Arbeit, in der Erschaffung des Wunderbaren, das seine Brüder benötigen.
37. Ein einheitliches Verhältnis zum Glauben ist nur in einem Fall möglich: wenn es einen lebendigen Lehrer gibt. Er kann nur ein einziger sein und Er muss sich unter euch befinden, weil ihr nur in diesem Fall alle zu Gleichen auf der Erde werdet, denn dadurch erhaltet ihr alle die gleiche Möglichkeit, über die Wahrheit nachzufragen.
38. Und während Er geduldig Tausende Male auf eure Fragen antwortet, führt Er euch allmählich alle zum einheitlichen Verständnis der Wahrheit.
39. Doch die Quelle kann nur eine einzige sein. Ansonsten, wenn zwei von ihnen erscheinen, werdet ihr euch unvermeidlich teilen, bestenfalls in zwei Lager. So ist die Psychologie des Menschen.
40. Und auf der Erde sind bereits Tausende von Quellen verschiedenen Charakters aufgetreten, wo die Menschen Wissen erhalten haben und wo die erhaltene Information mit 'Himmlischer Vater' unterschrieben war, und dennoch reden alle auf verschiedene Weise über die Grundwahrheiten, manchmal sogar entgegengesetzt.
41. Die allgemeinen Worte sind bei allen gleich, was auch besticht - es sind Reden über die Liebe, über die Einheit, über die Notwendigkeit, gläubig zu sein. Und ihr nehmt natürlich sofort an, dass diese Information nur von Gott kommen kann. Doch das ist ein primitives Herangehen an die Kräfte, die an eurer Vernichtung interessiert sind, denn sie wissen sehr gut, worauf ihr hereinfallt.
42. Ihr habt einen Hang zum besonderen, zum einmaligen Wissen, ihr sagt: 'Von der Liebe wissen wir ja schon; erzählt uns lieber über das Weltall, führt irgendwelche Formeln an.' Und man beginnt, für euch Grafiken zu zeichnen, Sinuskurven der Entwicklung der Geistigkeit, und irgendwelche Propeller zu drehen.
43. Euch aber gefällt das, ihr möchtet glauben, wie sich in diesen Kompliziertheiten der Geist entwickelt. Ihr aber habt euch gequält, euch gegenseitig beschimpft! Da stellt sich heraus, dass man in der Seele nur den Propeller anwerfen muss, und es wird eine wunderbare Liebe zu allem geben.
44. Aber das geschieht doch schon Tausende von Jahren, es kommen Informationen in einer unendlichen Vielfalt - die Menschen aber töten einander immer noch. Heißt das also, dass der Mensch an der falschen Stelle sucht?!
45. Wenn der Mensch mit der Vielfalt der Erscheinungen auf der Erde in Berührung kommt, wählt er in der Regel aus jeder Erscheinung das, was ihm gefällt, was er möchte.
46. Doch man misst sich die Wahrheit nicht an. Die Wahrheit kommt und wird euch alle Ihr anmessen. Und bisweilen stupst Sie euch recht schmerzhaft für jenen Ungehorsam, den der Mensch tut, wenn er auf seine Schwächen hört. Und dann erscheint die Wahrheit womöglich streng, Sie mag dann kalt erscheinen.
47. Deshalb hat man die Wahrheit immer gefürchtet: Sie kommt und ändert die Grundinteressen aller, weil das Grundinteresse des Menschen auf der Befriedigung sehr vieler unglücklicher Laster beruht, und das ganze System der Gesellschaft ist darauf aufgebaut.
48. Um den Menschen jetzt wirklich zu retten, muss man die Gesellschaft verändern, muss man die Struktur dieser Gesellschaft verändern, man muss das ganze System austauschen. Man muss die Weltanschauung des Menschen ändern, ihn für etwas Unwahrscheinliches gewinnen, was er sich noch nicht einmal vorstellen kann.
49. Wie aber kann man das erreichen? Das ist nur in einem Fall möglich: Wenn jene, die den Lehrer gefunden haben, beginnen, Ihm aufrichtig voll zu vertrauen und die Wahrheiten auszuführen.
50. Der Moment des Erkennens der Wahrheit ist ein ewiger Moment. Jegliche Schlussfolgerungen, die ihr heute über die Wahrheit macht, widerlegt ihr morgen selbst: Ihr wachst und sagt natürlich, dass ihr gestern dumm wart und die Größe und Tiefe nicht verstanden habt.
51. Die Lektion der Wahrheit befindet sich im Leben selbst. Man muss nicht danach streben, irgendwohin von der Erde wegzufliegen. Ihr denkt, dass dort irgendwo von Gott Paläste für euch geschaffen worden sind - mit Dusche und Fernheizung, mit was ihr wollt. Doch das ist ziemlich naiv.
52. Ihr habt eine erstaunliche Erde. Sie ist so wunderbar, wie eine Mutter! Und sie zu lieben, zu lernen, auf ihr zu leben - das bedeutet es, einen Palast des Himmlischen Vaters zu erbauen.
53. Er hat euch das Leben auf dieser Erde gegeben, das der Beginn ist, die Mutter, das Haus, in das ihr harmonisch eintreten müsst.
54. Und dann werden für euch, bitte schön, die Tore zur Ewigkeit geöffnet werden: Ihr werdet das Weltall bevölkern, die Sterne - das ist euer zukünftiges Haus.
55. Ihr werdet dorthin schreiten und eure Hülle in Abhängigkeit von der Atmosphäre des einen oder anderen Sterns wechseln, ihr werdet einfach mit der Anstrengung eures Bewusstseins eure Materie umwandeln.
56. Diese wunderbaren Möglichkeiten habt ihr. Doch es hat keinen Sinn, sie jetzt zu erörtern. Jetzt ist das Wichtigste - zu lernen, ein Mensch zu sein. Wen soll man ins Weltall lassen, wenn ihr nicht miteinander leben könnt?
57. Doch muss der Mensch den Lehrer suchen? Diese Frage bleibt beim Menschen - möchte er sich wirklich ändern?
58. Jetzt beginnt ihr sehr schnell, euch zu polarisieren, wo die einen den Verstand verlieren und beginnen, die Milliarden in ihren Säcken zu horten; sie suchen nach jeder Möglichkeit, um nur irgendwie möglichst viel in ihre Tasche zu stopfen, weil das eine Garantie für Wohlstand zu sein scheint - so beginnt eine Verzerrung des Bewusstseins;
59. Bei den anderen findet sich ein anderes Extrem: Sie heben den Kopf sehr hoch zum Himmel, schauen ständig zum Himmel auf, doch sie sehen dabei nicht, was unter ihren Füßen ist. Doch in diesem Fall kann man leicht stolpern, sich sehr heftig stoßen und sich den Kopf einschlagen.
60. Den Glauben richtig verstehen zu lernen - dieses große wertvolle Gut, das der Vater dem Menschen gegeben hat - das ist die Aufgabe des Menschen."
61. "Schätzt nicht im Voraus das, was ihr besitzt, hoch ein. Die Wahrheit schätzt sich selbst, denn Sie weiß, dass alles andere - nicht die Wahrheit ist. Ihr aber könnt nicht wissen: Ist in euch die Wahrheit oder nicht? Ihr sucht die Wahrheit und werdet Sie immer suchen!"
62. Das Wort erklang eine Stunde und einige Minuten. Die Teilnehmer des Kongresses, die den Saal gefüllt hatten, um Vissarion zu sehen und zu hören, lauschten konzentriert der Wahrheit, einige versuchten auch das Gehörte zu Papier zu bringen.
63. Als Vissarion die Rede beendet hatte, ging Er aus dem Saal. Alexander Daniljewitsch, einer der Organisatoren des Kongresses und Abgeordneter der Staatlichen Duma, sagte als Vorsitzender, dass er dem Lehrer für das Gesagte dankbar sei und man jetzt Zeit brauche, um das Gehörte zu überdenken.