Der Altar der Erde wird auf dem Berg errichtet
1. In diesen Tagen kam Nikolai aus St. Petersburg zum Lehrer. Er war der Schöpfer eines Symbols, das auf dem Tempelgipfel aufgestellt werden sollte. Etwa zwei Jahre lang hatte Nikolai mit Freunden die vorbestimmte Arbeit erschaffen.
2. Der Lehrer sollte dereinst den Feiertag anzeigen, der von vielen erwartet wurde, doch Nikolai, der nicht nach dem Tag fragte, der bestimmt werden sollte, erzählte dem Lehrer von seinem Wunsch, zum 14. Januar 1998 fertig zu sein, zum Geburtstag des Lehrers. Vissarion ließ diese Handlung zu, da Er vom Meister die Bereitschaft hörte, rechtzeitig fertig zu werden.
3. Und die Arbeit wurde beschleunigt. In zwei schlaflosen Tagen wurde das Postament für das Symbol und das vorbereitende Holzskelett aufgestellt. Und nun musste man das Symbol selbst aus Nikolais' Werkstatt in Guljáewka zum Gipfel bringen: ein Holzbau mit Bleifenstern, eine Kuppel, eine Marmorsäule, eine Skulpturengruppe und der Aufsatz auf die Kuppel.
4. Die Männer beeilten sich. Als der Lehrer die Geschäftigkeit und Eile unter den Menschen sah, die wünschten, rechtzeitig fertig zu werden, sagte Er: "Wenn ihr kein Fahrzeug bekommt, tragt es auf den Händen, tragt es Tag und Nacht. Verpasst nicht den Zeitpunkt."
5. Und nun war bereits der 12. Januar. Erst am Abend dieses Tages brachte das müde große Auto die schweren, großen Teile des Symbols zur Stadt. Die wertvollen Teile wurden sofort zum Tempelgipfel hinaufgetragen.
6. In der gleichen Dämmerung verließ eine Gruppe Männer Guljáewka, mehr als dreißig an der Zahl, angeführt vom Geistlichen Alexander. Und es trugen die Männer auf ihren Schultern in einem Nachtmarsch die bronzenen Engel mit dem Bethlehem-Stern und den Aufsatz - das Symbol des Letzten Testaments ...
7. In dem klaren, frostigen Morgen des 13. Januars erklangen im Zentrum der Stadt unter den Flügeln der Engel neun Glockenklänge, die die Morgenzeit ankündeten. Alexander Brussinow berührte die Glocken vor der feierlichen und bescheidenen Handlung.
8. Auf dem Tempelplatz der Stadt schlossen die Männer, die für ein Leben in dieser Stadt gesegnet waren, einen Kreis, und nachdem sie der Welt einen Psalm zum Lobpreis des Vaters gesungen hatten, schritten sie mit der großen Glocke auf den Schultern zum Gipfel.
9. Und so wie einst die Glocke in die Stadt gekommen war, getragen von den Händen würdiger Männer, so bewegte sie sich weiter auf den vorbestimmten Gipfel. Und ihr Name war von jetzt an 'Slawa Boshija' (die Herrlichkeit Gottes - Anm. d. Übers.)
10. Kurz nachdem sich der Zug mit der Glocke auf den Schultern, den Flaggen und Fahnen entschlossen zum Gipfel aufgemacht hatte - kamen im Zentrum der Stadt, bei den Engeln mit den ausgebreiteten Schwingen, jene an, die in der Nacht bei 40 Grad Kälte mit ihren Händen die bronzenen Engelkinder und die Spitze des Symbols getragen hatten.
11. Und es setzten die Männer diese Last erst jetzt auf die Erde ab, im Zentrum von Jerusalem. Sie hatten sie zuletzt in Shárowsk von der Erde auf ihre Schultern genommen - im nächstgelegenen Gemeinschaftsdorf, zwanzig Kilometer von Jerusalem entfernt.
12. Und, indem sie sich im Zentrum der Stadt auf die Knie niederließen, beteten sie aus vollem Herzen.
13. Die Glocke 'Slawa Boshija' aber bewegte sich weiter auf Männerschultern zum Gipfel. Kleine Glöckchen begleiteten die Vorwärtsbewegung mit hellen Klängen, die von den Händen von Dima Kaftanow erzeugt wurden. Unter den Füßen der Wanderer knirschte hörbar der gefrorene Schnee und zeigte mit seinem Knirschen die rhythmische, genaue Bewegung an.
14. Die Schüler hielten die Prozession erst beim Erklingen der Psalmen an: Sie hoben die Glocke von den Schultern und priesen Gott mit einem überzeugten, ungeordneten Gesang und aufrichtigen Herzen.
15. Die Sonne schien zwischen den Bäumen hindurch und beleuchtete ihre Antlitze. Schneestufen, ähnlich Marmorstufen, halfen an besonders steilen Stellen beim Aufstieg.
16. An einer lichten Stelle, im Tal der Farne, vermehrte die Sonne die Prozession, indem sie die zum Ganzen vereinte Bewegung einer mächtigen Kriegerschar mit Flaggen und Fahnen auf den glänzenden Schnee zeichnete.
17. Auf dem Gipfel angekommen, nahmen die Emporgestiegenen sich um die Glocke an den Händen, priesen den Vater und umarmten sich, und, indem sie auf die Knie fielen, berührten sie mit den Händen die Glocke.
18. Dann gingen die Schüler zur Stadt hinunter und wiederholten bescheiden die Prozession, und trugen die Spitze des Symbols zum Gipfel.
19. Nikolai aus St. Petersburg aber mit den Kameraden Alexander, Walerij und Michail aus St. Petersburg beeilten sich, um bis zum nächsten Morgen den Postamentteil des Symbols aufzustellen, das die feierlichen emporgetragenen bronzenen Engel mit dem Bethlehem-Stern aufnehmen sollte.
20. Den Schülern stand eine Tag- und Nachtarbeit bevor, denn zu Mittag des 13. Januars 1998 stand nur der Sockel des Symbols an seinem Platz ...
21. Am späten Abend stieg der Lehrer zum Symbol hoch und brachte den Klöppel der Glocke, der sorgfältig eingehüllt war, damit sie nicht voreilig erklinge.
22. Die Glocke war bereits unter der Kuppel des Symbols befestigt, das in seinem Äußeren an eine kleine Kirche erinnerte, die in die Höhe strebt, mit vier offenen Toren in alle Himmelsrichtungen.
23. Bleifenster mit den Abbildungen der vier Grundreligionen der Welt verzierten das hochgestreckte Werk, in dessen Mitte der Sockel aus einer Marmorsäule stand in Erwartung der Kinderchen mit den Flügeln, die in Bronze gegossen waren und den vierzehnstrahligen Stern über der Welt hielten.
24. "Die Nacht wird heute abgesagt", lächelte der Lehrer. "Der morgige Tag aber muss rein sein. Die Arbeit muss bis zum Sonnenaufgang beendet sein."
25. Das Lagerfeuer brannte die ganze Nacht. Die Schüler eilten, vieles fertig zu bringen, eilten, das Symbol der Neuen Zeit aufzustellen, das Symbol jener, die dem Bethlehem-Stern nachstrebten.
26. In diesen Weihnachtstagen (nach dem julianischen Kalender - Anm. d. Übers.), erinnerte sich Nikolai an Augenblicke der Herstellung des Symbols und erzählte Vadim von den einprägsamsten Ereignissen dieser Schöpfung.
27. Die Arbeit zur Herstellung des Symbols hatte in Guljáewka begonnen, im neuen Gelobten Land. Und die Hände hatten den Ton berührt, sie schufen einen ersten Entwurf, und innerlich entbrannte das schöpferische Feuer.
28. Als Nikolai sich in die von der Wahrheit offenbarten Ideen vertieft hatte und damit zu leben begonnen hatte, dass man schöpferisch tätig sein muss, hatte er eines Tages das Bild des zukünftigen Symbols gesehen. Und es begann die Arbeit, denn der Bildhauer wünschte, dass das mit dem Herzen Gesehene den Brüdern und Schwestern geschenkt werde.
29. Das Modell der Skulpturengruppe war in Guljáewka aus Ton modelliert und geformt worden und war dann zum Gießen aus Bronze nach St. Petersburg gebracht worden.
30. Zu Beginn der märchenhaften Zeitlosigkeit des vorigen Jahres wurden die Wachsmodelle, die bereits in St. Petersburg geschaffen worden waren, in das Werk für monumentale Skulpturen gebracht, wo sich die Schüler der Wahrheit, Nikolai und Walerij, zusammen mit erfahrenen Meistern an die Herstellung der Gusssysteme und -formen machten.
31. Die ganze Arbeit war in dem Gebäude der ehemaligen Kirche Spass Nerukotwornoj (der nicht von Hand geschaffene Retter - Anm. d. Übers.) erledigt worden, die rekonstruiert und in eine Gießerei umgebaut worden war. In einem der Teile der Kirche, gegenüber dem Altar, gab es einen Anbau, wo die Guss- und Schmelzöfen standen, die mit dem Gebäude ein Ganzes bildeten.
32. Und es kam der 14. Januar des 37. Jahres der Epoche der Blütezeit (neue Zeitrechnung seit der Geburt von Vissarion - Anm. d. Übers.) - der Zeitpunkt der Geburt der Engel mit dem Bethlehem-Stern. Die erfahrenen Meister waren nachts zu Fuß zur Arbeit gekommen und hatten früh morgens die Öfen eingeschaltet, um das Metall rechtzeitig zu schmelzen.
33. Und sie hatten diese frühe Handlung mit Leichtigkeit auf sich genommen und sogar mit Freude, denn sie fühlten, dass sie an etwas sehr Wichtigem Anteil haben würden.
34. Als das Metall geschmolzen war, begann die Vorbereitung auf das Sakrament. Die Gießer wuschen Hände und Augen mit dem Wasser des Jordans, das einst vom Lehrer geweiht worden war. Auch der Raum des Gießbereichs, der Schmelzofen und die Formen wurden beträufelt. Von dem geschmolzenen Metall wurde eine große Kerze mit dem Abbild einer roten Rose - dem Symbol der Liebe und Brüderschaft - angezündet.
35. Die Kerze wurde in das Zentrum der Gießabteilung gestellt, und von ihr wurden weitere vier Kerzen angezündet und in den Ecken des Raumes aufgestellt.
36. Und es wurde ein Altar geschaffen, auf dem in einem Gefäß Weihwasser stand, fünf Kerzen brannten, und es lagen dort die Schriften des Letzten Testaments.
37. Genau um 10 Uhr Moskauer Zeit, was im Gelobten Land 14 Uhr entspricht, erklang eine Glocke, und es begann das Sakrament des Übergangs, das Sakrament der Vereinigung mit dem Lehrer, die Gießer aber füllten die Kanne mit dem heißen Metall und begannen, die Formen zu gießen.
38. Und in diesen Minuten wandten sich die Schüler an den Großen Vater und Seinen Sohn, damit Sie das Sakrament mit der Kraft ihrer Liebe, Weisheit und Licht segneten, damit die Liebe des Vaters, des Sohnes und aller Brüder und Schwestern, in diesen Minuten vereint, das Werk anfüllten.
39. Und die Kräfte der Mutter Erde wurden aufgerufen, das Element Metall, Feuer und Erde, damit sie das Entstehende mit ihrer Kraft anfüllen würden, damit diese Kraft später vielen helfen könne.
40. Und es gab die Segnung sowohl für das Entstehende als auch für die Kinder Gottes, die sich in diesem Moment an ihrem Arbeitsplatz befanden, und für die Skulpturen und die Ausstaffierung der Pforten zur Kirche 'Christus der Erlöser', die ebenfalls hier entstand.
41. Als alle Formen mit dem Metall angefüllt waren, sah Walerij auf die Uhr - seit Beginn des Sakraments waren neun Minuten vergangen.
42. Während das Metall abkühlte, wurden Kapitel aus dem Letzten Testament gelesen, das gerade an jener Stelle geöffnet worden war, wo von der schöpferischen Tätigkeit die Rede war, über das von Hand Geschaffene und über die Einheit.
43. Zum Ende des Sakraments traten Frauen heran mit der Bitte, sie zu segnen.
44. Und es erzählte Nikolai ebenfalls, dass, während die Formen des Symbols gegossen worden waren, der Rest des Metalls in zwei Formen für die Pforten der Kirche 'Christus der Erlöser' gegossen worden waren, die gerade in Moskau gebaut wurde.
45. Als aber an der Prägung der Details des Symbols gearbeitet wurde, hatte einer der erfahrenen Meister, ein orthodox Gläubiger namens Sergej, gesagt: "So eine Qualität der Bronze haben wir noch nie gegossen. Hier habt ihr wahrscheinlich etwas bewirkt."
46. Am 14. April waren im Werk "Samosweta" die ersten Details des Symbols vergoldet worden. Ebenfalls um 14 Uhr nach der Zeit des Neuen Landes, hatte man Kerzen angezündet, jene aber, die an den Arbeiten teilnahmen, hatten sich die Augen und Hände mit Weihwasser gewaschen, und die Wanne und der Raum waren besprengt worden, wo der Überzug gemacht wurde ...
47. Einige Male waren die Schüler in das Werk zum Vergolden der Teile des Symbols gekommen - und es waren immer mehr geworden, die wünschten, die Waschung mit Weihwasser vorzunehmen und die Schrift des Letzten Testaments zu berühren.
48. Eines Tages gab es einen verantwortungsvollen Augenblick, als die bronzenen Engel vergoldet werden mussten, deren Oberfläche speziell mattiert wurde, um den Glanz des Goldes abzuschwächen, der, nach dem Ausdruck der Bildhauer, die Form "zerschlägt".
49. Der einzige Meister, der diese Handlung vornehmen konnte, war im Urlaub und hatte St. Petersburg verlassen. Die Arbeiter der Werkabteilung waren besorgt, doch Nikolai verlegte den Tag und die Zeit der Ausführung der Arbeit nicht.
50. Doch als die Kerzen angezündet worden waren und das Sakrament begann, trat der Meister ein. Das Erstaunen ging in Freude über. Unter seiner Anleitung machten die Schüler Christi den Überzug.
51. Nach Abschluss der Arbeit sagte der Meister, dass er wegen Geschäften für einige Tage nach St. Petersburg gekommen sei und das Werk zufällig im notwendigen Moment betreten hatte...
52. Als der Überzug aller Teile des Symbols beendet war, sagten die Arbeiter, dass sie froh wären, dass sie an der heiligen Handlung teilgenommen hätten; aus der orthodoxen Kirche brächte man hauptsächlich nur Geschirr, Schalen und Tabletts zum Vergolden ...
53. Am Tag der Heiligen Petrus und Paulus wurde der Aufsatz der Kuppel gegossen - das Kreuz im Kreis. Die Gießer fragten: "Wann beginnen wir?" "Der Herr lässt es uns wissen", sagte Nikolai.
54. Und sobald sie zum Schmelzofen getreten waren, loderte das Feuer hell auf: Das Holz, welches das Metall vor dem Zugang der Luft schützte, verbrannte. Das Metall zerschmolz und man konnte die Kerzen anzünden ...
55. Und es kam der Augenblick der Trennung, der Aufsatz der Kuppel wurde aus der Gießerei gefahren. Die Gießer opferten nicht wenige Mittel und sagten: "Das ist für die Zustellung des Kreuzes nach Sibirien."
56. Und nun brannte in Sibirien, auf dem Gipfel des Berges, das nächtliche Feuer aus. Der Morgen verscheuchte die Nacht, die Arbeit aber ging weiter...