Buch der Aufrufe

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 Kapitel 10 

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Inhalt: Bewertet einander nicht nach der Vergangenheit ~ Sich nicht auf die Eindrücke anderer verlassen ~ Schlussfolgerungen aus den Folgen unserer Handlungen ziehen ~ Der Körper und die Entwicklung der Seele ~ Gesellschaftliche Normen führen oftmals zu seelischer Verkümmerung ~ Seid den Bedürfnissen der Seele gegenüber aufmerksam

       Bewertet einander nicht nach der Vergangenheit

1. Ein großer Fehler der Leute ist es, einen Menschen nach jenen Handlungen zu bewerten, die er in seiner Vergangenheit begangen hat,

2. Über seine Eigenschaften nach vergangenen Zeiten zu urteilen.

3. Der Mensch ist nur im Moment der Berührung mit ihm wahrhaftig er selbst,

4. Im nächsten Moment ist er bereits ein anderer.

5. Genau wie man an ein und denselben Fluss nicht zweimal herantreten kann.

       Sich nicht auf die Eindrücke anderer verlassen

6. Mit ein und demselben Menschen müsst ihr euch bei jedem Zusammentreffen immer wieder neu bekannt machen.

7. Die Menschen aber begegnen sich mit jenen Gefühlen wieder, die sie bei ihrem Auseinandergehen hatten.

8. Dies ist jedoch nur in Bezug auf die erhabenen Gefühle gerechtfertigt.

9. Oder man begegnet jemandem mit jenen Gefühlen, die aufgrund von Kenntnissen über diesen Menschen entstanden sind.

10. Dieses Wissen aber kommt vonseiten eines Außenstehenden, der es ausschließlich aufgrund seiner Eindrücke weitergibt,

11. Und die können in Abhängigkeit von der Scharfsinnigkeit dieses Menschen mehr oder weniger richtig sein.

12. Doch Selbiges wird die richtige Einschätzung eines Menschen in noch weitere Ferne rücken.

       Schlussfolgerungen aus den Folgen unserer Handlungen ziehen

13. Der Mensch kann sich, in Abhängigkeit von der Schnelligkeit und Breite seiner Gedanken, nach einer gewissen Zeit entweder vollkommen verändern oder er kann in seiner Entwicklung nur einen winzigen Schritt vorangeschritten sein.

14. Die Entwicklung aber kann sowohl auf das Emporsteigen als auch auf den Fall ausgerichtet gewesen sein.

15. Ein Mensch, der eine Handlung begonnen hat, zieht aufgrund ihrer Folgen seine Schlussfolgerungen,

16. Was ihn sofort verändert.

17. Es gibt niemanden, der unfähig wäre, Schlussfolgerungen zu ziehen,

18. Nur die Tiefe und der Umfang der Schlussfolgerungen sind verschieden.

19. Deshalb wurde gesagt, dass es unwichtig ist - wer der Mensch in der Vergangenheit war;

20. Wichtig ist - wer er jetzt ist, und noch wichtiger - wer er sein wird.

       Der Körper und die Entwicklung der Seele

21. Der menschliche Körper handelt bei weitem nicht immer zum Segen der Entwicklung der Seele.

22. Eine schwache Seele ist unfähig, den Körper zu majestätischen Gipfeln zu führen,

23. Was den Körper dazu zwingt, in völliger Abhängigkeit von der Eitelkeit der umgebenden Menschen zu handeln.

24. Dieses erschwert die Einschätzung eines Menschen sehr, weil seine äußeren Handlungen wie echte, dem Menschen wesenseigene aufgenommen werden.

25. Man kann jahrelang mit jemandem zusammenleben und ihn doch nicht kennen lernen.

26. Das wahre Wesen kann nur ein scharfsinniger Mensch erkennen.

       Gesellschaftliche Normen führen oftmals zu seelischer Verkümmerung

27. Je komplizierter die Welt ist, mit desto mehr Äußerlichkeiten lebt der Mensch,

28. Und umso weniger zugänglich wird sein eigentliches Wesen.

29. Wie kann man aber anhand der äußeren Erscheinungen bestimmen, welche Handlungen der Widerhall der Seele sind und welche - nur eine Erscheinung des Selbsterhaltungstriebs?

30. Die Stimme der Seele entspricht ja nicht immer den gesellschaftlichen Normen.

31. Ein Mensch, der dieses Nicht-Entsprechen sieht, trachtet oftmals nicht danach, seiner inneren Stimme zu folgen,

32. Weshalb seine Seele verkümmert.

       Seid den Bedürfnissen der Seele gegenüber aufmerksam

33. Das wahre Wesen kann man entweder bei einem Menschen mit einer stärkeren und reineren Seele antreffen,

34. Oder wenn sich der Mensch in den Strudel der sinnlichen Ausschweifungen hineinstürzt,

35. Oder bei einem Menschen, der in der Klemme steckt.

36. In Momenten großartiger Sakramente, wenn bei einem Menschen das Bedürfnis entsteht, seine Seele zu öffnen, darf man nicht blind und abweisend sein.

37. Sonst verschließt sich die sich öffnende Seele wieder, wenn sie die Kälte verspürt.

38. Und ihr werdet vielleicht nie mehr die Möglichkeit haben, wenigstens ein Teilchen des wahren Menschen zu erkennen.

39. Seid den Handlungen des Körpers und den Bedürfnissen der Seele gegenüber aufmerksam.

40. Denkt daran! Die Taten des Körpers formen die Seele.

41. Wenn ihr etwas schafft, was der Seele zuwider ist, kühlt ihr sie ab. Friede sei mit euch.

Amen.