Geistigkeit zeigt sich darin, wer wie über wen redet
1. Am nächsten Tag war Vissarion bereits in Minusinsk.
2. Der darauffolgende Tag brachte beunruhigende Neuigkeiten aus Tscheremschánka: Auf der Dorfversammlung hatten sich die örtlichen Einwohner erneut erregt gegen das Eintreffen der Anhänger Vissarions in der Taiga ausgesprochen.
3. Sergej der Älteste hatte versucht, den Konflikt beizulegen, indem er über das Leben der Gemeinschaft und über ihr wahres Bestreben berichtete.
4. Doch man hatte nicht auf seine Worte gehört, sondern man hörte nur auf die eigenen lasterhaften Gedanken des Inhalts, dass die "Pilger" beim See Gold suchten und dass die Zahl der Ankömmlinge so groß sei, dass sie bald alles aus dem Weg fegen würden.
5. Und die örtlichen Einwohner sagten, dass, wenn das anhalte, sie gezwungen sein würden, sich und ihr Land zu verteidigen.
6. Und nur wenige sahen in den Anhängern der Vollziehung gute und aufrichtige Menschen. Doch die Tatsache, dass es solche wenigen überhaupt gab, war gut.
7. In Minusinsk traf sich der Lehrer wieder jeden Tag mit Menschen und antwortete auf eine Menge Fragen, und jeden Sonnabend gingen die Zusammenkünfte weiter.
8. Und der Lehrer sagte während der samstäglichen Zusammenkünfte das, worauf die sehnsüchtigen Herzen warteten.
9. Und jeder bekam eine Antwort auf seine Frage, obwohl nicht jeder sie auch stellte.
10. "Gibt es für eine Frau eine Grenze in dem Wunsch, zu gefallen, in dem Wunsch, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen?", fragte Danila.
11. "Die Frau muss schön sein, sie wird danach streben, zu gefallen und kann diesem nicht entgehen.
12. Doch es gibt Schönheit an sich, aber auch Schönheit, die sich aufdrängt.
13. Die Natur sticht nicht ins Auge, sie existiert an sich.
14. Und wenn im Wald eine Rose blüht, schreit sie dann darüber, dass sie dort steht? Drängt sie sich dem Auge des Suchenden auf?
15. Sie existiert und weiß demütig, dass, wenn es von Gott gegeben wurde, immer jener neben ihr erscheinen wird, der dort sein soll.
16. Denn nicht ein Schritt entsteht zufällig.
17. Warum soll man über die Demut reden? Man muss bestrebt sein, nicht aufzufallen. Ja, sie muss wundervoll sein, doch gleichzeitig nicht auffallen ...
18. Doch immer wieder wende Ich Mich an den Mann, denn von ihm hängt sehr viel ab. Er muss immer daran denken: Einen entgegenkommenden Schritt größer als einen brüderlichen, kann der Mann nur dann unternehmen, wenn offensichtlich gegenseitige Liebe zu erkennen war.
19. Wenn dem nicht so ist, so wird ein Mann, der das Geistige erlangt, sich nie einen größeren Schritt erlauben als zu seiner Schwester.
20. Denn ein größerer Schritt wird ein Schritt sein, der die lasterhaften Seiten des Mannes befriedigen wird.
21. Doch wenn ihr euch festgelegt habt über euer weiteres Dasein, zu zweit festgelegt habt, und wenn der Mann verstanden hat, dass er alle seine Kräfte anstrengen muss, um einen harmonischen, gemeinsamen Weg zu schaffen, nur dann kann er diesen Schritt tun.
22. Solange der verantwortliche Schritt nicht getan wurde, könnt ihr Freunde sein.
23. Schließlich ist ein Freund eine erstaunliche Gnade - wenn einer zum anderen kommen kann und seinen Kopf an dessen Schultern legen kann, sein Leid und seine Freude mit ihm teilen kann. Und das Verhältnis wird vertraulich sein, doch das Verhältnis wird nur brüderlich sein und nicht mehr.
24. Doch solange der Mensch schwach ist, wird ihn natürlich die Natur beherrschen, und die Gedanken der Männer kommen in vielem von der richtigen Richtung ab. Und natürlich wird diese Verwirrung noch weiter bestehen.
25. Möge das männliche Ohr es jedoch erfahren. Möge der Mann mit seinem Herzen die Wahrheit erfahren. Denn von ihm wird vieles verlangt, nur von ihm."
26. "Woher kommt der Begriff des Gesetzes?", fragte man den Lehrer.
27. "Der Begriff des Gesetzes kommt daher, dass der Mensch unfähig war, auf sein Herz zu hören.
28. Und deshalb wurden Gesetze aufgestellt, denn sie stehen in Bezug zu eurem Bewusstsein", antwortete Vissarion.
29. Und der Menschensohn sagte in einer neuen Ansprache: "Ihr müsst die Fähigkeit besitzen, weise zu sein und euch immer das anzuhören, was man euch raten kann.
30. Hört zu, ohne die Emotionen zu beachten, mit denen man euch eventuell den Rat gibt, sondern beachtet jene Wahrheit, auf die man versucht, euren Blick zu lenken."
31. "Euer Nächster, das ist jener, der von eurem Großen Vater ausgeht, das ist jeder, den ihr um euch sehen könnt."
32. "Was ihr auch tut, ihr überbringt nur das, was in euch steckt, nicht mehr als das.
33. Nicht von eurer Absicht hängt ab, was ihr übermittelt.
34. Ihr könnt von der großartigsten Liebe reden, doch wenn in euch wenig ist, so könnt ihr nur das Wenige überbringen, das sich in eurem Herzen befindet und nicht jene großen Worte, die ihr redet.
35. So soll denn dieses Wenige unermesslich sein, es soll unendlich wachsen.
36. Und dann könnt ihr selbst in wenigen bescheidenen und demütigen Worten das Unendliche übermitteln, welches das unermessliche Universum erwärmen wird!"
37. "Das Licht wird nicht hingehen und die Dunkelheit zerschlagen, das Licht wird einfach nur leuchten.
38. Die Boshaftigkeit und der Hass aber, die immer noch ringsum triumphieren, sind berufen, sich selbst zu verschlingen.
39. Denn Licht vernichtet nicht, nur das Böse vernichtet.
40. Doch das Böse kann das Licht nicht vernichten, sie sind von verschiedener Art.
41. Deshalb ist das einzige, was in der Lage ist, das Böse zu zerstören - das ihm ähnliche. So wird das Böse aufhören zu existieren."
42. "Über die schlechten Taten eines Nächsten könnt ihr nur dann reden, wenn ihr versucht, einen Weg zu finden, diesem Menschen zu helfen.
43. Denn wenn ihr euch versammelt und über einen schlechten Menschen redet, sprecht ihr von ihm mit ganz unterschiedlichen Zielen.
44. Die Hauptsache ist, dass jeder von euch begreift, was euch dazu gebracht hat, über diesen Menschen zu reden."
45. "Geistigkeit tritt vor allem darin in Erscheinung, wer wie über wen redet: Ob ihr Unrat übereinander sammelt oder ob ihr den Mund auftut, weil ihr euren Nächsten loben möchtet."
46. "Viele der heutigen Künstler sind potentielle Mörder.
47. Sie ahnen nicht, was sie tun, denn wenn sie die eine oder andere Form festlegen, übermitteln sie ihre Seele.
48. Doch in dieser Form übertragen sie vor allem einen zerstörerischen Geist.
49. Man kann Werke betrachten und ein großes Gefühl der Schwere empfinden, denn die Werke nehmen euch einen Teil eurer Kraft, solange ihr in der Nähe seid."
50. "Wie kann man lernen, auf Tiere zu hören", fragte man den Lehrer.
51. "Hört zu, und ihr werdet hören, was sie euch sagen. Hier liegt alles in der Fähigkeit zuzuhören.
52. Ihr habt gelernt, zu reden, doch nicht - zuzuhören. Die Hauptsache ist, lernt zuzuhören.
53. Wenn du das Tier umarmst, nimmt deine Seele seinen Zustand vollständig auf, seine Wünsche, und du wirst auch eine Blume und eine Pflanze verstehen.
54. Man muss bestrebt sein, sie mit seiner Liebe zu umarmen und auf sie zu hören."
55. Und zum Lehrer kam eine beunruhigte Frau, die ein Buch über die Existenz von Menschen-Vampiren gelesen hatte, und sagte: "Es scheint mir, dass meine Nachbarin ein Vampir ist. Nach Gesprächen mit ihr fühle ich mich kraftlos. Sie nimmt mir meine Kräfte."
56. "Der Vampirismus - das ist eine normale, gewöhnliche Erscheinung.
57. Man muss vorwärtsgehen, sich der Umwelt öffnen, unendlich die Wärme seines Herzens hingeben.
58. Und wenn jemand die Wärme deines Herzens benötigt, so gib sie mit Freude hin, ohne über den Namen dieser Handlung nachzudenken!", antwortete der Lehrer.
59. Andrej aus Woronesh war einer der ersten Anhänger der Wahrheit, der sich in einem Taigadorf angesiedelt hatte, und heute baute er zusammen mit seinen Brüdern eine Kapelle in Guljáewka auf. Im Gespräch mit ihm sagte der Lehrer über das gemeinsame Leben in der Gemeinschaft: "Es gibt ein Gemeinschaftsleben, wo man seine Laster befriedigt, aber es gibt auch einen Ort, wo man nach dem Hohen strebt und dabei seine Laster vergisst. So macht aus eurem Leben so einen Ort."
60. "Wie kann man einem Menschen helfen, den der Kontakt zur unsichtbaren Welt quält, der aufgezwungene Umgang?" fragte man den Lehrer.
61. "Hier stoßen zwei Welten aufeinander: die geistige und die materielle.
62. Diesen Tisch kann man schließlich nicht mit Liebe verrücken", sagte der Lehrer und berührte mit der Hand den Tisch. "Nur durch eine materielle Kraft rührt er sich von der Stelle.
63. Die Kontrolle über das Bewusstsein - das ist eine materielle Erscheinung. Und diese Kontrolle kann man nicht durch Liebe aufheben.
64. Und solange der Mensch neugierig ist, schwach und sich außerhalb des Glaubens befindet, solange gerät er in diese Falle.
65. Sich dieser Kontrolle zu entziehen ist sehr schwer.
66. Und deshalb ist das Wichtigste, die Seele zu retten. Denn viele Kinder Gottes werden jetzt ihren schwachen Körper verlassen", antwortete Vissarion.
67. Anatolij aus Orenburg fragte: "Wir reden sehr oft, um irgendwelche Situationen zu erörtern und um mögliche Handlungen zu besprechen. Ist das richtig?"
68. "Wenn die Situation entsteht, dann wirst du wissen, wie du handeln musst.
69. Vorher jedoch eine Situation zu erörtern, die eventuell gar nicht eintreten wird, ist unsinnig.
70. Über das Leben zu diskutieren - das bedeutet nicht, zu leben.
71. Betrachte die Kinder! Sie erörtern nicht das Leben, sie leben!"
72. Anatolij sagte: "Und noch etwas: Es ist sehr schwer, mit einem Menschen umzugehen, der sich ärgert und dich anschreit."
73. "Jedes Gespräch mit einem Menschen, das ist der Kontakt mit seinem Bewusstsein.
74. Und wenn im Bewusstsein Unverständnis und Ärger sind, so tritt dieses schnell im Umgang mit dem Gesprächspartner in Erscheinung.
75. Doch einer muss stärker werden und den Schmerz und das Unverständnis des anderen auf sich nehmen", sagte der Lehrer.
76. Im Gespräch mit dem Lehrer fragte Sascha aus Woronesh: "Was soll man machen? Wie soll man Ordnung in die Gemeinschaft bringen und dennoch die Freie Wahl lassen? Ist so etwas überhaupt möglich?"
77. "Nur wenn sich die Menschen geistig geformt haben, werden sie jede Kleinigkeit bemerken, in der sie ihr Herz verwirklichen können.
78. Doch wenn die Wellen stürmen, kann nur ein Wellenbrecher sie aufhalten.
79. Solche Wellenbrecher sollt ihr werden und eine geistige Festung aufbauen", antwortete der Menschensohn.
80. Sascha sagte: "Man kann ja eine beliebige Arbeit demütig selbst machen, wenn sie gerade anfällt, ohne jenen zur Arbeit zu zwingen, der sich neben einem befindet."
81. "Dieses Beispiel rettet dich, doch nicht deinen Bruder. Denn nur in der Arbeit kann sich der Mensch retten.
82. Und indem ihr ein strenges Gesetz aufstellt, helft ihr euch gegenseitig, die Arbeit zu finden", sagte Vissarion.
83. In einem Gespräch mit den Jungs aus Malaja Minusa, die zum Lehrer mit Fragen über die Arbeit gekommen waren, über das Fehlen von Freude an ihr und über die Angst, etwas voreinander nicht richtig zu machen, sagte der Lehrer: "Die Angst, etwas voreinander falsch zu machen, zeugt davon, dass ihr noch nicht eine Familie geworden seid.
84. In einer geistigen Familie muss man alle Tätigkeiten offen und aufrichtig tun.
85. Und wenn ein Mensch einen Fehler begangen hat, sollst du ihn nicht rügen.
86. Und wenn man dich um Hilfe bittet, so hilf.
87. Wenn die gemeinsame Arbeit keine Freude bereitet, so rufe die Freude in dir hervor und beschuldige nicht deinen Nächsten der Schwermut. Und dein Feuer wird die sich Sehnenden entzünden ...
88. Je mehr man über die Gesetze der Bewegung eurer Beine redet, umso mehr werden sich die Beine verheddern."
89. Und der Lehrer verstreute in vielen Gesprächen großzügig Krumen der Wahrheit. "Auf die Frage: 'Wie macht man es am besten?', werdet ihr von eurem Mitbruder nie einen richtigen Hinweis hören, ihr werdet nur seine Meinung hören.
90. Deshalb hört aufmerksam auf euer Herz. Wenn ihr einen Rat bekommt, macht das, was euch euer Herz eingibt. Das ist eure Entwicklung!"
91. "Es fällt schwer, sich den Mitmenschen zu öffnen, wenn es innen noch viel Lasterhaftes gibt.
92. Umso mehr schmerzt es, wenn die Nächsten deine lasterhaften Seiten vor aller Welt aufzeigen."
93. "Wenn vor dir ein Berg ist, so umgehe ihn nicht, sondern bewältige ihn.
94. Er wird helfen, höher hinauf zu kommen und einen weiteren Horizont zu sehen."
95. "Ihr nehmt nur das auf, was eurem inneren Zustand entspricht."
96. "Kann man denn über etwas reden, was man nicht kennt? Kann man denn Gesetze erörtern, die erst jetzt von Gott gegeben werden? Man kann an sie entweder glauben oder nicht glauben!"
97. "Mit der Sichel kommt man, um Weizen für die Kornkammer zu sammeln und nicht, um das Böse - das Unkraut - zu zerstören.
98. Das Böse wird sich selbst verschlingen."
99. "Nicht Ich werde das beweisen, was Ich mitgebracht habe, sondern ihr werdet das von Mir Mitgebrachte mit eurem Leben beweisen."
100. "Man kann keinen entschlossenen Schritt tun, ohne sich von etwas aus der Vergangenheit zu trennen."
101. "Man kann über die Wahrheit nicht nach jenen urteilen, die sie angenommen haben.
102. Denn die Annehmenden kamen mit ihren Lastern, um sich von ihnen zu befreien."
103. "Wie kann man einen anderen das lehren, was man selbst nicht versteht?
104. Die Krankheit ist in dir selbst versteckt."
105. "Denkt daran, dass sich in euren Händen die Herrlichkeit des Großen Vaters befindet."