Vadim 4

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  Kapitel 19  

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Besuch des Grabes von Mutter Maria ~ Worte an Cäsarea

1. Und am Morgen kam ein Araber zu den Reisenden, der den Namen Emilio trug und der durch Julia aus St. Petersburg vom Menschensohn gehört hatte, die mehr als ein Jahr in Israel verbracht und den Wünschenden über die Vollziehung in Russland erzählt hatte.

2. Emilio lud Vissarion und Seine Begleiter in sein Haus in Bethlehem ein.

3. Und erneut, nach anderthalb Jahren, führte die staubige Straße am Stadtrand von Bethlehem die Reisenden zur Gedenkstätte.

4. Und neben der Wahrheit ging Emilio, ein alter Araber mit schönen, gutmütigen Augen. Und es waren noch zwanzig Menschen, die den Lehrer begleiteten.


5. Und erneut eilte der Menschensohn zum Grab der Mutter, das verloren zwischen verlassenen alten Grabstätten lag. Er eilte zum zweiten Mal in Jahrtausenden.

6. Früher einmal, in dem weit zurückliegenden Leben, hatte die Mutter Tränen am Grab des Sohnes vergossen. In der heutigen Vollziehung, nach dem Willen des liebenden Vaters, verbeugte sich der Sohn zum zweiten Mal vor dem mütterlichen Staub.

7. Und vier Seiner Schüler begleiteten Vissarion. Die restlichen Reisenden blieben auf der anderen Seite des Baches, der die alten Grabstätten abgrenzte, und warteten auf ein Zeichen von den Vorausgehenden.

8. Denn der Lehrer wünschte, einige Zeit allein beim Grab der Mutter zu verbringen.

9. Und der Lehrer sagte: "Nachdem Ich beim Grab der Mutter verblieben bin, ruft die anderen."

10. Und der Menschensohn berührte das Kreuz, das Er vor eineinhalb Jahren aus Steinen über dem Staub der Mutter gelegt hatte, und stellte seine Umrisse mit bebenden Händen wieder her.

11. Und der Sohn verblieb mit der Mutter allein. Ein langes Gebet kam von Seinen Lippen, und Er berührte das Gras, die Felsengrotte, unter deren Überresten der Staub jener lag, die Ihn unendlich geliebt hatte und liebt.

12. Nach dem Gebet entfernte sich Vissarion seitlich von der Grotte und setzte sich auf den steinigen Hang.

13. Und die Schüler riefen ihre Brüder und Schwestern herbei, und knieten zum Gebet nieder ...

14. Und auf Sein Wort versammelten sich die Ihm Folgenden, nahmen sich an den Händen und richteten sie zum Himmel, priesen den Vater und diesen Tag in der Einheit ihrer Seelen.

15. Und Glocken aus Bethlehem untermalten den feierlichen Moment.

16. Der Menschensohn aber stand im Zentrum des lebendigen Kreises und umarmte die Mutter Erde zusammen mit Seinen Brüdern und Schwestern ...


17. Auf dem Rückweg führte Emilio die Reisenden in sein schönes, gastfreundliches Haus, wo eine große Familie mit Ungeduld auf die Begegnung mit dem Lehrer wartete, denn sowohl Emilios Frau als auch seine Kinder hatten die Frohe Botschaft bereits in ihr Herz eingeschlossen.

18. Und auch ihre nahen Freunde waren zum Treffen gekommen, um den Menschen kennen zu lernen, der die Wahrheit Gottes offenbarte.

19. Dem vom Lehrer Gesagten hörten sie mit Aufmerksamkeit und Achtung zu und nahmen Seine Worte an.

20. Walerij aber übersetzte sorgfältig und mit Eifer, das vom Lehrer Gesagte ins Englische.

21. Und Vissarion segnete das Brot dieses Hauses, und die Hungrigen verzehrten das Brot, das Seine Hände gebrochen hatten.


22. Nach dem Essen fragte ein grauhaariger Araber, ein Freund Emilios, den Lehrer, wie Er sich zu den Scheidungen in der Familie verhielte.

23. "Mit Schmerz", antwortete Vissarion.

24. Der Araber nickte mit dem Kopf. "Ich denke, dass eine Scheidung ähnlich einer Bombe ist, die in die Familie gebracht wurde", sagte er.

25. "Die Familie wird zerstört wegen des fehlenden Glaubens.

26. Fehlender Glauben aber zieht die Vernichtung der Menschheit nach sich", sagte der Lehrer.

27. "Genauso denke ich auch", sagte der Araber.


28. Weiter aber führte der Weg nach Nazareth, in die Stadt von Jesu Kindheit, in deren Nähe Er vor zweitausend Jahren geboren worden war.

29. Unterwegs machte der kleine Bus von Wladimir einen Abstecher zum Ufer des Mittelmeeres, nach Kesaria, die alte Stadt eines gewaltigen Imperiums (Cäsarea), deren Gemäuer sich an die Schritte Jesu erinnern.

30. Wie oft hatte hier der Mensch seine Herrschaft aufgestellt und verschiedene Glaubenslehren, verschiedene Könige mit sich gebracht.

31. Heute aber waren von dieser Herrschaft nur Ruinen übriggeblieben - und das immer gleiche Rauschen der Brandung, die nicht von Menschenhand geschaffen wurde.

32. In langem Schweigen ging der Menschensohn durch die von der Sonne verbrannte Stadt.

33. Und als Er die alten Ruinen betrat, sagte Er: "Was hast du jetzt für einen Wert, du Werk der Menschen, das seinen Namen zum Himmel emporgehoben hatte?

34. Einst warst du bereit, überheblich zu lachen, als du auf die Wahrheit, die dir gegeben wurde, blicktest. Du warst bereit, stolz deinen Fuß auf das von Gott Gesandte zu stellen. Doch wer kennt jetzt deinen Name? Und was ist dein Ruhm wert?

35. Du hast einst im Unwissen versucht Mich zu zertreten, da du die Größe der Herrlichkeit Meines Vaters nicht erkannt hast.

36. Die Größe der Herrlichkeit, die es Mir nun nach einiger Zeit erlaubt, die Füße auf deinen zerstreuten Staub zu stellen!

37. Du wusstest nichts, wusstest nichts von der Zeit und von der Ewigkeit. Und doch glänztest du, glänztest im Ruhm des Zeitweiligen.

38. Und heute nun bist du zu Staub geworden. Du zerfällst immer mehr, und bald wird von dir nichts mehr übrig bleiben.

39. Mein Gang aber ist erneut frisch, erneut fest wie früher, denn das wurde Mir von Meinem Vater bestimmt.

40. Und Er ist nicht wankend. Von Jahrhundert zu Jahrhundert soll Ich in der Ewigkeit schreiten.

41. Glück jenen, große Herrlichkeit jenen, die anzunehmen verstehen, was ihnen vom mächtigen Gott, dem lebendigen Gott gegeben wurde. Denn es ist ihre Bestimmung, den Weg der Ewigkeit zu beschreiten. Der göttliche Segen soll auf der Stirn dieser Kinder sein!

42. Doch ein großer Blinder ist jener, der seine Hand gegen den Willen des Schöpfers richtet! Sein Los ist ebensolcher Staub und Nichtsein!"