Vadim 7

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Warum man nichts ausleihen und verleihen soll

1. Am Morgen des 9. Mai 1997 machte sich der Lehrer in einem leichten zweirädrigen Wagen, der mit einem dunkelbraunen, gesprenkelten Hengst der russischen Traberrasse bespannt war, auf zur im Bau befindlichen Stadt. Ein zarter Regen wechselte ab mit Sonne. So begann die Heimkehr des Menschensohnes in die gebotene Stadt.

2. Seine Frau Ljubow erwartete mit dem jüngsten Sohn Elisej auf dem Arm ihren Mann am Beginn des Pfades zur Stadt. Von dieser Stelle an war es nicht mehr möglich, sich mit dem Auto fortzubewegen, und dort stand ein Waggon, in dem die Wächter des Pfades lebten - Gennadij mit seiner Frau Natalja.

3. Der Pfad wurde von den Reisenden auf Pferden zurückgelegt ...


4. In diesen Maitagen waren sieben Jahre seit dem Tag vergangen, an dem Ihm die Augenbinde abgenommen worden war, vom Entfernen des Sakraments, das zeitweilig das Wesen des Menschensohnes verborgen hatte.

5. Jetzt war die Zeit gekommen, in der die Wahrheit des Gottessohnes erneut auftreten sollte: indem Er zu sich selbst zurückkehrte, umhüllte sich der Lehrer mit dem Dunst eines Sakraments, das den Schülern zu erreichen noch bevorstand.

6. Vadim schien es, als würde die Harmonie der unberührten Natur, die Harmonie der Waldtäler und der strengen Berge, des gebotenen Sees, der von einzigartigen Sonnenuntergängen gefärbt wurde, die Harmonie des Weltalls selbst, die sich über dem Himmlischen Wohnsitz in einem erstaunlichen, hellen, riesigen Himmel offenbarte, als würde sie wünschen, dem Menschensohn ihre standhafte Schulter zu bieten und am Vorabend vieler Vollziehungen ihre Kraft in Ihm aufzulösen.


7. Am späten Abend des 9. Mai 1997 hielt sich Vadim im Haus des Lehrers auf, das sich noch im Bau befand, und bereitete sich auf die Nacht vor. Mit der Erlaubnis von Vissarion nahm er das Notizbuch für Aufzeichnungen und Skizzen in die Hand, das der Menschensohn im Alter von etwas mehr als zwanzig Jahren zum ersten Mal mit der Feder berührt hatte.

8. Unter den Bleistiftzeichnungen aus verschiedenen Zeiten befanden sich zu Beginn des Blocks auch Gedichtzeilen, die vom Menschensohn in jenen weit zurückliegenden Zeiten geschrieben worden waren, als das Notizbuch seine ersten Seiten der Feder geöffnet hatte:

9. "Lange lebte ich in törichter Finsternis,
In menschlichen Leidenschaften und Verwirrungen,
Und versuchte, mich loszureißen,
Aus diesem klebrigen Durcheinander,
Ich habe einen Durchgang in Wasserstrudeln gesucht,
Die in die Tiefe der Dinge zogen.
In dieser Welt ist der Fakt - das Unterpfand für den Erfolg,
Die Träumerei aber ist ein Spiel der Kinder ..."


10. Fünf Tage lang lebte Christus im Himmlischen Wohnsitz. Fünf Tage lang fiel Regen, geschmückt mit Regenbogen, und wusch den Himmlischen Wohnsitz.

11. Es begann das Leben des Gottessohnes in dem Heiligtum, und Er hielt sich abwechselnd im Himmlischen Wohnsitz auf oder begab sich nach Petropáwlowka zu Treffen mit denen, die die Wahrheit begehrten.

12. Als Er in diesen Maitagen nach Petropáwlowka zurückkehrte, kehrte der Lehrer auch zu Seiner gewohnten Kleidung zurück - dem roten Gewand; Er erschien wieder vor denen, die zu Ihm kamen, in der gewohnten Kleidung.


13. Der 19. Mai war der erste Tag der Aussaat in der Gemeinschaft. Ein feierlicher sonniger Tag. Bevor die erste Handvoll Körner in die vorbereitete Erde geworfen wurde, erschallte die Umgebung von Gesängen und Tänzen.

14. Einige Hundert Menschen aus drei Taigadörfern säten zum ersten Mal in ihrem Leben nach dem langen Winter mit den Händen Körner in die bereits warme Erde, die von dem stürmischen frühen Frühjahr erwärmt worden war.

15. Bei dieser Aussaat - für die Akademiker aus den Städten eine bislang unbekannte Handlung - half allerdings die Technik.

16. Wladimir, der Farmer aus dem Nishegorodska-Gebiet, der das Wissen und große Erfahrung in der Landwirtschaft hatte, war für die erste Aussaat und die erste Ernte verantwortlich.

17. Und die Freude dieses Tages offenbarte die Hoffnung, dass die Herbsternte ebenfalls so eine gemeinsame Handlung hervorbringen würde.

18. Am letzten Sonntag im Mai kehrte Vissarion in den Himmlischen Wohnsitz zurück.


19. Am Ende der Woche, an einem sonnigen, warmen Freitagabend, kamen aus den naheliegenden Dörfern Männer, die dem Ruf des Lehrers gefolgt waren, um einen Tag lang mit ihren Händen Hilfe beim Bau von Jerusalem zu leisten.

20. Und die Wahrheit sprach zu ihnen über die Wichtigkeit der ersten Schritte bei der Erbauung des Gelobten Landes gesprochen, über das innere Beben bei den Tätigkeiten auf dem Berg, über den inneren Zustand, der der Zeit und dem Ort würdig sei;

21. Und dass, wenn Müdigkeit aufträte, man nicht danach streben müsse, zu siegen und mit grausamen Handlungen diese Erde zu erobern. Wenn die Müdigkeit von kleiner oder großer Unzufriedenheit begleitet sei, so beinhalte das in seinem Wesen Aggression.

22. Und es gab einen langen Samstag, nach dem die Stadt mit gesäuberten Wegen atmete und mit gestapeltem Holz. Der Tag schenkte denen, die in ihr lebten, die strahlende Freude der gemeinsamen Arbeit bei der Erschaffung des Heiligtums.


23. In der vergangenen Woche hatte Wladimir aus Tscheljabinsk das geometrische Abstecken des zentralen Teils der Siedlung und ihrer Straßen beendet: vom Herzen der Siedlung, dem Tempelplatz, gingen gerade Straßen in vierzehn Strahlen auseinander; um den Tempelplatz wurden im ersten Ring die Plätze für den Bau von fünf Häusern vorgesehen, die in ihren Namen das besondere Sakrament der Erziehung der Jünglinge beinhalteten; im zweiten Ring waren sieben Häuser geplant, in denen Einwohner am Vorabend des Baus ihres Hauses sowie Gäste leben sollten, die in die Stadt kommen würden.

24. Am Samstagabend aber versammelten sich zehn vom Lehrer berufene Männer im Himmlischen Wohnsitz bei Seinem Haus und zogen aus dem Rockschoß Seines Gewands das erste Los mit der Lage ihres Familiensitzes an den erwähnten Strahlen der Siedlung.

25. Am Sonntag, dem ersten Junitag, stieg der Lehrer vom Berg herab, zusammen mit jenen, die am Samstag beim Bau der Siedlung mitgeholfen hatten.


26. Am siebenten Tag des Monats erklang die Wahrheit in Tscheremschánka, in der Gemeinschaftsschule; die Schüler aber waren erwachsene Männer.

27. "Wenn ihr euch nicht in der Haupttätigkeit eures Lebens festlegt, müsst ihr wissen: Was ihr auch in Angriff nehmt, wie unbedeutend die Handlung auch zu sein scheint - strebt danach, von allem, was ihr tut, Befriedigung zu bekommen. Sonst spielt später vielleicht eine Kleinigkeit, die nicht zu Ende geführt wurde, eine fatale Rolle.

28. Es gibt noch etwas. Wenn ihr eure hauptsächliche Arbeit findet, so möchtet ihr ihr natürlich all eure Zeit widmen. Doch in eurem Leben wird folgende Situation eintreten: In eurem eigenen Haus reicht etwas nicht, und die Frau sagt: 'Mein Lieber, das muss gemacht werden.' Dies aber liegt nicht in der Sphäre jener Tätigkeiten, mit denen ihr berufen seid, euch zu beschäftigen. Und dort eure Seele hineinzulegen wird nicht leicht sein.

29. Natürlich müsst ihr bestrebt sein, das mit Wärme zu tun. Doch euch damit grundlegend zu beschäftigen, daraus wird bei euch nichts, denn wenn ihr euch damit beschäftigt, werdet ihr an eure Hauptarbeit denken. Wenn ihr ein Bettchen zusammenzimmert, denkt ihr weiter daran, wie ihr einen Krug formt, aus welchem Ton.

30. Und Ich möchte, dass ihr in diesem Fall nicht beunruhigt seid, weil ihr das Bett nicht richtig, also mit Verzierungen machen könnt. Ihr seid vor allem berufen, vom Morgen bis zum Abend euch dem zu widmen, was für euch zur Hauptarbeit wurde.

31. Im Weiteren aber wird jener, der für euch ein Bett machen möchte, von diesem Problem erfahren, und wird vom Morgen bis zum Abend dieses Bett machen, es zurechtschneiden und zusammenleimen - das ist seine Hauptarbeit.

32. Und dann schenkt er es euch, und seine Wärme, verstärkt durch eure Wärme, bedeckt die Wände des Hauses durch seine Ausstrahlung ..."


33. Und es gab eine Frage an den Lehrer über das richtige Verhältnis zu den Bäumen: über das Holzfällen und über das Verhältnis zum Baum als Baumaterial.

34. "Alles wird vom Verhältnis des Menschen zu dem bestimmt, was er berührt.

35. Und natürlich muss man nicht unbedingt zu jedem Baum mit bestimmten Worten treten. Denn so wie ihr euch vorher betend an den Vater wendet, wendet ihr euch danach an die Natur und bittet um die Erlaubnis, die Arbeit zu ihrem Wohl auszuführen, zu ihrer Rettung und zur Herrlichkeit Gottes. Und weiter tretet ihr zu jedem Baum mit Güte, mit Liebe und drückt innerlich euer gutes Verhältnis zu ihm aus.

36. Diese eure Gefühle schaffen alles Notwendige, nicht das wörtliche Ausdrücken eures Verhältnisses: Der Baum braucht keine Worte, er hört sie nicht, doch er hört euer Verhältnis zu ihm.

37. Deshalb, indem ihr oft irgendwelche Worte sagt, wenn ihr euch an den Baum wendet, sprecht ihr zu euch selbst, um in Einklang mit diesen Worten euer Verhältnis richtig aufzubauen.

38. Die Hauptsache aber ist das Verhältnis. Doch diese Beziehung zeigt sich nicht nur beim Absägen des Baumes über der Wurzel, sondern auch darin, wie ihr euch zu diesem Holz weiter verhaltet - sorgfältig und geschickt."


39. "Lehrer, erkläre bitte das sechste Gebot. Du hast gesagt: 'Stiehl nicht'. Doch es stellt sich heraus, dass wenige wissen, was das bedeutet 'Stiehl nicht'. Es gibt noch eine andere Seite: Bitte nicht (um Hilfe - Anm. d. Übers.) ...", sagte Alexej aus Moskau.

40. "Eine sehr gute Frage. Es wird Zeit, sich dazu ernster zu verhalten.

41. Jeder Versuch, etwas zu nehmen, was nicht euer ist, ohne die Erlaubnis des Besitzers, selbst nur zeitweilig, ist das Sakrament des Diebstahls. Und Ich hoffe, ihr denkt euer ganzes Leben lang daran.

42. Ihr aber macht das fast immer. So schafft ihr keine Ordnung, denn dadurch wird vor allem in euch Unordnung sein.

43. Selbst einen auf der Straße gefundenen Gegenstand müsst ihr versuchen, jenem zurückzugeben, der ihn verloren hat, und nicht denken, dass wenn der Gegenstand herumliegt, er folglich euer ist. Versucht nachzufragen, den Besitzer zu finden, seid bestrebt, den gefundenen Gegenstand zurückzugeben.

44. Oft treten viele von euch in ein fremdes Haus wie bei sich zu Hause, nehmen selbstständig einen Gegenstand, ohne den Besitzer zu fragen, denn sie meinen, dass alles ringsum Gemeinschaftseigentum sei.

45. Dieses euer Auftreten entsteht von jener Seite, wegen der alle gemeinschaftlichen Vereinigungen zerstört wurden, alle kollektiven Haushalte, die auf der Erde entstanden sind.

46. Und dieser Charakterzug begann bei euch hier gleich ganz natürlich aufzutreten. Und eben deshalb ist ein Durcheinander entstanden, vieles wurde zerstreut und verdarb.

47. Diese Seite eurer Beziehungen wird mit der Zeit ins notwendige Gleis kommen. Doch zuvor, gerade jetzt, gebe Ich euch dieses Gesetz, damit ihr am besten eure Wünsche zur Vernunft bringt, eure Handlungen, damit ihr sie in den notwendigen Grenzen haltet."


48. Weiter wurde in der ausführlichen Antwort über die richtige Bitte um Hilfe gesagt:

49. "Am richtigsten ist, wenn ihr euer Problem nennt, eure Bitte um Hilfe, doch ohne euch an jemanden konkret mit 'Hilf!' zu wenden.

50. Obwohl es Momente gibt, in denen man wirklich zu jemandem gehen und z.B. sagen kann: 'Würdest du mir helfen, den Balken zu tragen?' In diesem Fall ist es nicht einfach, loszugehen und mitzuteilen, dass man den Balken wegtragen müsse, ohne sich konkret an jemanden zu wenden.

51. Deshalb werden von dem großen Buch 'Das Letzte Testament' Tausende von Wahrheiten betrachtet, die verschiedene Seiten einzelner eurer Erscheinungen beschreiben.

52. In jedem Moment sind verschiedene Seiten der Situation anwesend, man muss euch jede ihrer Nuancen erklären, und gerade ihr müsst lernen, diese Nuancen richtig umzusetzen.

53. Wenn Ich euch Wahrheiten eröffne, erwarte Ich natürlich euer eifriges Bestreben, das Wesen der eröffneten Sakramente zu erfassen: indem ihr sehr aufmerksam seid und keine innere Ruhe findet, bis ihr das Wesen dieser Wahrheiten zu begreifen beginnt, wo ihr mit Hilfe eurer Vorstellungen Situationen verschiedener Art schafft, sie in eurem Kopf modelliert und lernt, diese Wahrheiten anzuwenden. Man muss sich in dieser Beziehung sehr anstrengen. Das sind wichtige Lektionen.

54. Sonst, wenn ihr die einmal gehörten Wahrheiten zur Seite legt, ohne sie mit der Vorstellung zu überarbeiten, werden sie in Vergessenheit geraten, und ihr macht wieder den gleichen Fehler und quält euch wieder einmal, fallt und reibt die angeschlagene Stelle ...


55. Wie soll man euch einfache Begriffe darlegen? ... Wenn ihr von einem Nächsten Geld erbittet, müsst ihr ihm sagen: "Gib mir Geld", und nicht: "Leihe mir Geld", denn ihr könnt nicht Schulden machen.

56. Doch ihr sagt: "Irgendwie ist es peinlich, dem Nächsten zu sagen: Gib! In Wirklichkeit aber erbittet ihr genau das: Der Nächste weiß ja, dass er euch nichts leihen kann, er kann es nur hergeben, wenn er diese Möglichkeit sieht.

57. Versucht noch einmal, diese Wahrheit zu verstehen: Warum man nichts ausleihen und verleihen soll. Denn viele von euch haben etwas deshalb nicht, weil das für sie nicht gut wäre.

58. Da ihr das aber nicht wisst, doch wenn ihr euch umseht, seht ihr, dass andere es besitzen, ihr aber nicht - so zieht ihr natürlich die sehr einfache, engstirnige und primitive Schlussfolgerung, dass ihr das auch benötigt.

59. Ihr aber besitzt dies nicht, weil es so für euch besser ist. Das heißt, euch wurde eine große Hilfe geleistet: Man hat euch etwas genommen, was ihr für euer Wohl verlieren musstet.

60. Und wenn ihr losstürzt, bestrebt, um jeden Preis mit Fragen und Bitten all das zurückzuholen, wird ein großes Unglück geschehen: ihr verliert, ihr bekommt ein großes Minus, über das ihr später stolpern und eure Stirn aufschlagen werdet.


61. Seid aufmerksam! Jeder Versuch, einem Bedürftigen zu geben, kann nur in dem Falle unternommen werden, wenn ihr erkennt, dass der Mensch das sehr benötigt, und ihr bereit seid, ihm das zu geben und zu vergessen, dass ihr es gegeben habt.

62. Der Mensch kann es euch nur in dem Falle wiedergeben, wenn ihr später genau das benötigt. Und er gibt euch nicht deshalb, weil er irgendwann von euch genommen hat, sondern deshalb, weil er erkennt, dass ihr es im gegebenen Moment benötigt.

63. Man muss in sich mit dem falschen Verhältnis zu dieser Handlung brechen, denn ihr schafft ein großes Durcheinander.

64. Und dieses Durcheinander hält schon lange an. Vor zweitausend Jahren war es unsinnig, davon zu sprechen, weil der menschliche Kopf ganz und gar nicht fähig war, das zu verstehen. Deshalb wurde gesagt, dass, wenn ihr Geld geliehen habt, so gebt es nicht mit Zinsen: wie viel ihr gegeben habt, soviel soll man euch wiedergeben.

65. Ihr seid bereits berufen, die große Wahrheit zu verstehen: Auf keinen Fall darf man etwas ausleihen, ihr könnt einfach etwas hergeben, wenn ihr seht, dass ihr dazu in der Lage seid.

66. Wünschen, zu helfen, könnt ihr alle: ihr habt gesehen, dass ein Mensch bittet, er hat ein Problem, er ist bedürftig. Doch seht weiter: Wenn ihr das besitzt, was für den Menschen notwendig ist, könnt ihr es dann auch einfach hergeben?

67. Wenn ihr bereit seid, herzugeben und das Gegebene zu vergessen - bitte, gebt es und vergesst. Wenn ihr jedoch nicht bereit seid, so sagt es auch: 'Ich habe nicht die Möglichkeit, ich kann dir jetzt nicht helfen.' Ihr könnt sogar direkt sagen: 'Ich sehe nicht, dass du jetzt Hilfe brauchst, ich empfinde nicht diesen Wunsch.' Das darf einen Gläubigen Menschen nicht beleidigen."


68. "Ist es zulässig, Gegenstände zur zeitweiligen Benutzung zu nehmen und zu geben?" fragte man den Lehrer.

69. "Wenn ihr einen Gegenstand zur zeitweiligen Benutzung gebt, müsst ihr darauf vorbereitet sein, dass der Gegenstand, der zur zeitweiligen Benutzung gegeben wurde, verloren gehen kann, und ihr dürft dann keinerlei Forderungen stellen.

70. Doch wenn ihr etwas entgegennehmt und versprochen habt, es zurückzugeben (d.h. ihr habt einen Fehler gemacht: ihr habt euch etwas geliehen und versprochen, es wiederzugeben), hoffe Ich, ihr nutzt Meine Worte nicht aus, dass man nichts verleihen darf und dass ein Gläubiger, der dem Bedürftigen gegeben hat, nicht die Rückgabe seiner Gabe verlangen darf.

71. Der Gläubige braucht es nicht zu verlangen, doch eure Seele soll der Wurm fressen, wenn ihr diese Schuld nicht zurückgebt. Wenn ihr gesagt habt, dass ihr es zurückgebt, so hoffe Ich, dass ihr dies auch tut.

72. Hier sind solche Geschichten passiert: Jemand lieh sich eine große Summe Geld und versprach, sie zurückzugeben. Doch die Zeit verging und bei dem Nehmenden ergab sich die Möglichkeit, das Geschuldete zurückzugeben, doch er gab das Geschuldete nicht zurück.

73. In jener Familie aber, die das Geld gegeben hatte, hatte man nichts mehr zu essen. Sie hatten ihren Fehler gemacht, dass sie Geld verliehen haben, doch der andere macht einen Fehler, wenn er nicht wiedergibt, was er versprochen hat, wiederzugeben. Er muss alle Anstrengungen unternehmen, um die Schuld zu begleichen.

74. Doch lasst euch beim nächsten Mal keinesfalls wieder auf so eine Situation ein, denn in der Regel wird alles, was geliehen wurde, nicht zurückgegeben. Das ist ein besonderes Gesetz, und es wird dazu dienen, euch beizubringen, diese Dummheiten nicht mehr zu machen.

75. Die ganze Welt aber ist gerade darauf aufgebaut: Darlehen zu geben, auszuleihen und euch damit ständig unter Kontrolle zu halten; ihr könnt es nicht zurückgeben, ihr werdet ewig abhängig sein, und folglich kann man mit euch machen, was notwendig ist. Ihr werdet Sklaven sein, obwohl alle schreien: 'Wir sind frei, wir schaffen eine freie Gesellschaft.' Ihr geht von allein in diese Falle ..."


76. "Ein Mann kam zu mir und bot mir Bauholz an. Er hatte es gekauft, jetzt aber benötigt er es nicht mehr, weil er ein Haus bekommen hat. Und er möchte das gesägte Holz verkaufen. Ich aber kann jetzt nicht das ganze Material kaufen. Der Mann aber sagt, dass er bereit ist, mir sogleich einen großen Teil des gesägten Holzes zu überlassen, um die Bretter nicht zu teilen, und er ist auch bereit, auf das restliche Geld zu warten."

77. "Du kannst nur das nehmen, was du in der Lage bist zu bezahlen. Der Mensch kann das anbieten, doch das ist sein Fehler; du aber darfst keinen Fehler machen und das Angebot annehmen. Ihr könnt nur das nehmen, was ihr voll abrechnen könnt", antwortete der Lehrer.


78. "Lehrer! In der letzten Ausgabe der Zeitung "Das Gelobte Land" war ein Ausschnitt aus dem Buch von Ignatij Brantschaninow über die Versuchung abgedruckt. Und dort gab es die Worte, dass der einzige Zustand, der beim Gebet erlaubt ist, die Buße sei. Wenn der Mensch sich aber Bilder aus dem Paradies vorstelle, von der heiligen Stadt, vom Segen, und davon inspiriert werde, so sei das eine Verführung, eine Versuchung. Inwieweit ist so eine Meinung richtig?"

79. "Die Meinung eurer Mitbrüder kann man wie einen Hinweis betrachten, doch sie wird nie richtig sein.

80. Das, was du jetzt erzählt hast, ist nur möglich in bestimmten Extremfällen, um den Menschen vor der Vision von Bildern zu bewahren, die nicht er selbst schafft, sondern die ihm nur gezeigt werden.

81. Denn wenn ein Mensch beginnt, etwas in seiner Vorstellung aufzubauen, kann er in einen Zustand übergehen, wo man ihm vieles zeigt, doch ihm scheint es so, als schaffe er diese Bilder selbst. Er wird sich hinreißen lassen, und es kann eine Gefahr entstehen, die in diesem Moment gerade für ihn unter Berücksichtigung seiner freien, reichen Phantasie geschaffen wurde.

82. Doch jetzt lernt ihr, alles richtig zu bestimmen, ihr lernt, das Wahre vom Falschen zu unterscheiden. Und natürlich werdet ihr immer die Möglichkeit haben, nicht in eine gefährliche Situation zu kommen, wenn ihr euch würdig auf den Glauben stützt.

83. Man muss die Vorstellungskraft entwickeln. Indem ihr gute Vorstellungen schafft, könnt ihr euch selbst mit ihnen sättigen. Wenn ihr ein gutes Bild seht, das von euch geschaffen wurde, könnt ihr Erleichterung in der Seele fühlen. Das ist ein wichtiger Moment, und man darf ihn auf keinen Fall fürchten.

84. Die Ältesten haben das benutzt, weil es unter ihnen nicht Jenen gab, Der begründet erzählen und auf diese Zustände hinweisen konnte. Und dieses Extrem hat seinerzeit eine im allgemeinen sogar positive Rolle gespielt.

85. Doch ihr habt die Möglichkeit, in jedem gefährlichen Moment zu Mir zu kommen, wenn ihr fühlt, dass etwas nicht in Ordnung ist; und Ich erzähle euch, auf was ihr gestoßen seid und ob es dort wirklich eine Gefahr gibt und wie man sich dazu richtig verhalten soll. Ihr habt die Möglichkeit, jedes beliebige Problem auf diese Art zu lösen."


86. "Wenn ihr zusammen seid, so überpfüft eure Gedanken, ob ihr auch an den Nächsten denkt: in welchem Zustand er sich wohl befindet, ob er sich gut fühlt oder ob vielleicht etwas bei ihm Schmerz hervorruft oder Schwere; vielleicht braucht er irgendeine Hilfe oder eine Stütze von euch? Und dieser Gedanke soll öfter auftreten. Und wenn er auftritt, so wird natürlich sehr viel in euch aufblühen, eben gerade weil ihr diese Seite beachtet habt.

87. Das ist einer der wichtigen Augenblicke, weil ihr in der Regel immer nur eure eigene Bequemlichkeit seht und dabei jemanden wegstoßt und abweist, jemanden vergesst, wenn ihr nur daran denkt, dass euch jemand oder etwas stört.

88. Doch das ist ein Fehler, der Grobheit und ein primitives Verhältnis hervorbringt, das ist einer jener Stacheln, die bei euch immer Schmerz hervorrufen werden, wenn man sie auch nur ein wenig berührt. Wenn man aber oft daran rührt, so beginnt ihr ganz und gar gekränkt zu sein und fallt erneut wegen etwas, was sich bisher in der Gesellschaft im Überfluss entwickelt hat, als ihr noch weit von diesen Wahrheiten entfernt wart.

89. Nun, um nicht zu fallen, muss man sich jetzt von vielen dieser Stacheln befreien. Denn euer Körper ist von einer großen Zahl dieser Stacheln bedeckt, die scheinbar nur ein bisschen herausragen, doch wenn sie jemand im Vorbeigehen berührt, ruft es eine Schmerzreaktion hervor; und man möchte ihn durchschütteln und irgendwelche Worte sagen, die Schrift irgendwo zitieren, und damit versuchen, das "Unrecht" des Nächsten zu zeigen, der bei euch das Schmerzgefühl hervorgerufen hat. Das ist einer der Schritte der Unvernunft und des Unglücks in euch."